Samsungs Dominanz ist zweischneidiges Schwert
Samsung Electronics ist dort angekommen, wo die Südkoreaner bereits vor dem Smartphone-Boom waren: Als weltgrößter Hersteller von Speicherbausteinen ist das Ergebnis wieder starken Schwankungen unterworfen. Im abgelaufenen Jahr sorgten die kräftige Nachfrage und das geringe Angebot für hohe Chippreise und trieben den Ertrag von Samsung auf Rekordhöhe. Dabei erntete das Unternehmen die Früchte von früheren massiven Investitionen in neue Halbleiterfabriken.Der unvermeidliche Abschwung wird diesmal durch einen Superzyklus in der Chipindustrie verzögert, bedingt durch den Siegeszug von künstlicher Intelligenz und des Internets der Dinge. Aber 2018 wird sich das Absatzwachstum bei Speicherchips deutlich verlangsamen. Zugleich wächst das Angebot, weil die Hersteller getreu dem vertrauten Schweinezyklus ihre Produktion hochfahren. Jedoch sollte Samsung aufgrund des technologischen Vorsprungs und hoher Marktanteile darunter weniger leiden als die Rivalen, so dass neue Geschäftsrekorde möglich sind.Doch diese Dominanz ist ein zweischneidiges Schwert: Die Rekorderträge erzwingen auch Rekordinvestitionen, um die starke Marktposition abzusichern. Kein Unternehmen weltweit plant derzeit so hohe Kapitalausgaben wie Samsung. Zugleich bedeutet Dominanz auch unerwünschte Abhängigkeit. Die Chipsparte der Südkoreaner generiert den Löwenanteil des Gewinns. Nach dem Überwinden des Akku-Desasters verkauft Samsung Electronics inzwischen auch wieder mehr Smartphones, aber die Margen sind durch die Wettbewerber aus China sichtlich geschrumpft.Als neue Wachstumsfelder haben die Koreaner autonome Autos und vernetzte Technologien auserkoren. Einige Innovationen wurden jetzt auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas gezeigt. Aber es dürfte in diesen Bereichen schwerfallen, sich von den Wettbewerbern zu unterscheiden. Künstliche Intelligenz und Prozessordesign gehören nicht zu den Stärken von Samsung. Daher hat man kürzlich auch einen dicken Beteiligungsfonds für Investitionen in Start-ups aufgelegt.Die Orientierungslosigkeit hängt wohl auch mit dem Führungsvakuum in Seoul zusammen. Denn die großen Richtungsentscheidungen für Südkoreas größtes Unternehmen wurden stets von der Gründerfamilie Lee getroffen. Das Management dürfte daher gebannt auf den 5. Februar starren, wenn das Berufungsgericht über die Haftstrafe für Gründerenkel und Vize-Chairman Lee Jae-yong entscheidet.