Sánchez kann gerade keine Bankfusion gebrauchen
Bankenkonsolidierung
Sánchez kann keine Fusion gebrauchen
Von Thilo Schäfer
Als sich die spanische Regierung Ende Mai eine Bedenkzeit von 30 Tagen für ihre Einschätzung und mögliche Auflagen für die feindliche Übernahme von Banco Sabadell durch die Großbank BBVA nahm, war allen Beteiligten Folgendes klar: Am Ende würden politische Gründe mehr als reine Wettbewerbsbedenken den Ausgang der Operation bestimmen. Nun ist es härter gekommen als erwartet. Sollte BBVA eine Mehrheit der Aktien am kleineren Mitbewerber bekommen, müssten beide Banken mindestens drei, möglicherweise auch fünf Jahre als unabhängige Geldinstitute geführt werden.
Laut Wirtschaftsminister Carlos Cuerpo will man auf diese Weise die Vorzüge der unterschiedlichen Geschäftsmodelle und Organisationen zum Wohl von Mitarbeitern, Kunden und dem „öffentlichen Interesse“ bewahren. Warum das öffentliche Interesse nach Ablauf dieser Frist von drei oder fünf Jahren dann nicht mehr ins Gewicht fällt, bleibt schleierhaft.
Das ist Ministerpräsident Pedro Sánchez aber egal. Es geht ihm nämlich darum, die politischen Partner der Sozialisten in der Minderheitsregierung bei Laune zu halten. Für die Linken ist die Aussicht auf einen weiteren Bankriesen wenig prickelnd. Und die katalanischen Separatisten, deren Stimmen Sánchez im Parlament benötigt, kämpfen dagegen, dass mit BBVA eine Bank mit Hauptverwaltung in Madrid eine Institution in Katalonien wie Banco Sabadell schluckt.
Das alles war freilich schon länger bekannt, doch die Lage hat sich in der vergangenen Woche für Sánchez dramatisch verschlechtert. Ein Korruptionsskandal in den Reihen der Sozialisten hat das Misstrauen der Partner erschüttert und treibt den Ministerpräsidenten in die Ecke. Daher entschied sich die Regierung wohl um die härteste denkbare Version von Auflagen, was die Operation ernsthaft in Gefahr bringt. Die Synergieeffekte lassen sich unter diesen Bedingungen kaum verwirklichen. Sollte BBVA doch zum Zuge kommen und eine Kontrollmehrheit erreichen, würde Sabadell nach außen hin relativ unbemerkt erst einmal weiterbestehen – bis 2028, also erst nach den nächsten Parlamentswahlen.