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Schweden und Schweiz sind die positiven Ausreißer in Europas IPO-Markt

Der europäische IPO-Markt erlebt die schwächsten neun Monate seit einem Jahrzehnt. Positive Ausnahmen sind Schweden und die Schweiz.

Schweden und Schweiz sind die positiven Ausreißer in Europas IPO-Markt

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Glückliches Schweden

Von Christoph Ruhkamp

Der europäische IPO-Markt hat die schlechtesten ersten neun Monate seit einem Jahrzehnt hinter sich. Investoren interessieren sich nur für ausgewählte Themen wie Rüstung, Technologie und Infrastruktur. In Deutschland hat der Kurs des schwäbischen Stromnetzausrüsters Pfisterer seit dem Freiverkehrs-IPO im Mai um 161% zugelegt. Ansonsten herrscht Ebbe. Der wachstumsschwache deutsche Markt ist in der Breite für Investoren derzeit wenig attraktiv – selbst wenn die 500 Mrd. Euro der Bundesregierung für Infrastruktur und Rüstung das in Zukunft ändern.

Die Kapitalzuflüsse, die Fonds für europäische Aktien dank der unsicheren Lage im Trump´schen Amerika erhalten, sind überwiegend an Indexfonds gegangen, die nicht in IPOs investieren. Positive Ausnahmen am europäischen IPO-Markt sind Schweden und die Schweiz. In Stockholm werden IPOs von der heimischen Pensionsfonds-Szene gestützt – und in Zürich von der patriotischen Privatanleger-Szene.

USA und Asien auch nicht viel besser

Die Kapitalmärkte in den USA und Asien sind zwar größer als in Europa und bieten im Detail (etwa bei Mehrfachstimmrechten für Gründer oder vereinfachten Kapitalerhöhungen über Nacht) oft bessere Bedingungen. Aber auch in den USA wachsen die Bäume am IPO-Markt nicht in den Himmel. Ein großer Teil der US-Erfolge beruht auf Überschwang für KI und Krypto, der schnell wieder verfliegen kann und gemessen an den Kursen teils auch schon verflogen ist. Ein in der Breite gesunder Markt sieht anders aus.

Derweil gibt es in Hongkong einen veritablen IPO-Boom. Der ist jedoch eine Sonderkonjunktur, die auf politischer Steuerung durch Anweisungen aus Peking an Konzerne und Kapitalmarktakteure aus Festlandchina beruht. Insofern ist die IPO-Durststrecke in Europa im globalen Vergleich ein weniger starker Ausreißer als es im ersten Moment erscheint. Vielleicht ist es eine gesunde Entwicklung, dass jeder IPO-Kandidat einzeln unter die Lupe genommen wird. Bei Ottobock wird sich die Begeisterung in Grenzen halten. Ein IPO ohne Discount, das im Wesentlichen dazu dient, die Schulden des Eigentümers zu begleichen, weckt keine Euphorie.