Notiert inMadrid

Sommerposse im Palast

Pedro Sánchez sollte in seinem Amtssitz als Zeuge gegen seine Ehefrau aussagen. Stattdessen verklagt der Ministerpräsident nun den Richter.

Sommerposse im Palast

Notiert in Madrid

Sommerposse im Palast

Von Thilo Schäfer

Die Audienz des Königs mit dem Ministerpräsidenten im Urlaubsdomizil des Monarchen auf Mallorca markiert traditionell den Beginn der politischen Sommerpause in Spanien. Vor dem Treffen mit Felipe VI. am Dienstag im historischen Almudaina-Palast in Palma hatte Pedro Sánchez am Vormittag noch sehr außergewöhnlichen Besuch in seinem Amtssitz in Madrid. Der Madrider Untersuchungsrichter Juan Carlos Peinado rückte im Palacio de la Moncloa an, um den Ministerpräsidenten als Zeugen in seinen Ermittlungen gegen die Ehefrau des Regierungschefs, Begoña Gómez, zu vernehmen. Im Schlepptau kamen die Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Anklage, darunter die rechtsradikale Partei Vox. Der Fall dominiert seit Wochen die Nachrichten im Lande. Peinado ermittelt wegen vermeintlicher Interessenkonflikte und Korruption von Gómez im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als Ausrichterin von Master-Kursen. Den absurden Vorwurf, die staatliche Rettung von Air Europa während der Pandemie sei den Beziehungen von Gómez zu den Besitzern der Fluglinie geschuldet, hat man bereits verworfen.

Nun geht es um die Tätigkeit der Gattin des Ministerpräsidenten an der öffentlichen Universidad Complutense sowie ein Empfehlungsschreiben an einen befreundeten Geschäftsmann, der öffentliche Subventionen erhielt. Letzteres liegt jetzt in den Händen der Europäischen Staatsanwaltschaft, weil EU-Gelder im Spiel waren. Zwei von Peinado beantragte Polizeiberichte ergaben allerdings keinerlei Hinweise auf Vergehen. Nun will der Richter sämtliche Tätigkeiten von Gómez, seit ihr Mann 2018 zum Ministerpräsidenten wurde, überprüfen. Begoña Gómez verweigerte in ihrer Vernehmung durch Peinado die Aussage. Nicht nur in der Sozialistischen Arbeiterpartei von Sánchez hat man den Eindruck, dass der Jurist „politische Motive“ verfolgt, wie die Regierungssprecherin Pilar Alegría am Dienstag nach der letzten Kabinettssitzung vor den Ferien erklärte.

Peinado bestand darauf, Sánchez in dessen Amtssitz als Zeugen zu vernehmen. Damit nicht genug. Das Treffen sollte auf Video festgehalten werden. Der Ministerpräsident beharrte auf seinem Recht, als Mitglied der Regierung schriftlich auf die Fragen des Richters antworten zu können. Doch Peinado stellte klar, dass er Sánchez nicht wegen dessen institutioneller Rolle befragen wolle, sondern lediglich in seiner Eigenschaft als Gatte der Angeklagten. Der Ehemann sollte also über vermeintliche Interessenkonflikte von Gómez mit dem Ministerpräsidenten berichten. Die Anhörung dauerte nur zwei Minuten, da Sánchez die Zeugenaussage gegen seine Frau verweigerte. Er ging noch einen Schritt weiter. Die Regierung kündigte eine Klage gegen Richter Peinado wegen Amtsmissbrauchs an, „zum Schutz der Würde der Institution des Amts des Ministerpräsidenten“.

Wie es in der Posse weitergeht, weiß wohl nur Peinado. Sánchez und Gómez sind erst einmal reif für die Insel. Allerdings verbringen sie den Urlaub nicht auf Mallorca bei der Königsfamilie, sondern auf Lanzarote.

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