KommentarKapitalmarktunion

Stammplatz beim Bullshit Bingo

Über die Kapitalmarktunion wird viel geredet – aber es passiert wenig. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire hat nun einen Vorschlag gemacht. Einige Elemente davon sind nicht überzeugend. Aber zumindest lenkt Le Maire den Blick auf einen entscheidenden Punkt.

Stammplatz beim Bullshit Bingo

Kapitalmarktunion

Stammplatz beim Bullshit Bingo

Von Detlef Fechtner, Frankfurt

In Sachen Kapitalmarktunion, dem zentralen Thema beim jüngsten Treffen von Europas Finanzministern, herrscht wenigstens in einem Punkt Einvernehmen: Sehr lange werden es Banken, Börsen und Kapitalgeber nicht mehr ertragen, wenn gebetsmühlenhaft der politische Wille bekannt wird – aber so gut wie nichts passiert. Die "Vollendung der europäischen Kapitalmarktunion" zählt längst zu den Sprechblasen, die – sofern der Begriff nicht inhaltlich konkretisiert und substanziiert wird – den Spott des Publikums auf sich ziehen und auf den Worthülsen-Listen des Bullshit Bingo landen.

Insofern ist nachvollziehbar, dass Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire seinen EU-Amtskollegen geradezu gallig erklärt hat, er sei das Gerede leid und wolle endlich mit einigen wenigen Gleichgesinnten voranschreiten, statt auf alle zu warten. Diese Idee ist bei näherem Hinsehen allerdings wenig zielführend. Schließlich kommt Europa dem Ziel, Hürden für den Kapitalverkehr abzuschaffen, ganz gewiss nicht durch den Vorstoß von drei, vier Staaten näher.

Recht hat Le Maire jedoch, wenn er eine Modernisierung des Rechtsrahmens für Verbriefungen auf die Prioritätenliste setzt. Denn er spricht nicht nur Europas Banken aus dem Herzen, wenn er dieses Thema ins Zentrum rückt. Die Entlastung der Bankbilanzen durch den Verkauf von Risiken und damit die Schaffung neuer Finanzierungsspielräume ist allemal vielversprechender als eine erneute Novelle von Listing-Anforderungen für Börsengänger.

Le Maire bringt Staatsgarantien ins Spiel. Ja, die könnten ein Element zur Revitalisierung des Verbriefungsmarkts sein. Bedeutender dürften allerdings Überarbeitungen der Risikogewichte und eine Reduzierung des Offenlegungsaufwands sein. Auf jeden Fall sind die EU-Gesetzgeber gut beraten, möglichst bald konkrete Ergebnisse in puncto Verbriefungen zu liefern, um das fast zur Floskel verkommene Ziel der Kapitalmarktunion wieder mit Inhalt zu füllen. Schließlich ist sie nichts Geringeres als einer der zentralen Hebel, um das Wachstum in Europa anzuschieben.

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