Sumo wieder dick im Geschäft
Notiert in Tokio
Sumo wieder dick im Geschäft
Von Martin Fritz
Nichts begeistert Sumo-Fans mehr, als wenn zwei Großmeister (yokozuna) gegeneinander kämpfen. Seit über fünf Jahren warten sie darauf, weil es nur einen Yokozuna gab. Aber am 27. Juli, dem Schlusstag des kommenden Turniers in Nagoya, könnte es wieder so weit sein. Dann treffen der Turnierlogik zufolge die beiden neuen Yokozuna wahrscheinlich aufeinander – der Mongole Hoshoryu und der Japaner Onosato.
Diese spannende Konstellation von zwei Sumo-Großmeistern, ein Ausländer und ein Lokalmatador, kommt zu einem Zeitpunkt, an dem der traditionsreiche Sport eine neue Blüte erlebt. Die Jahre mit Skandalen über manipulierte Kämpfe, illegale Wetten, Verbindungen zum organisierten Verbrechen und Drogenkonsum hat Sumo hinter sich gelassen. Die sechs nationalen Turniere sind seit dem Ende der Pandemie stets ausverkauft, das Fernsehen überträgt wieder live, Unternehmen drängen sich als Werbepartner.
Champion im Rekordtempo
Eine neue Generation von Ringern (sumotori) tritt an. Hoshoryu wurde gerade 26 Jahre alt, Onosato 25. Wenn sie sich nicht verletzen, was im Sumo durch die schnellen und brutalen Bewegungen großer Körpermassen leicht passieren kann, könnten sie noch lange aktiv bleiben. Der zweite Umbruch: Es zeichnet sich das Ende der mongolischen Vorherrschaft in Japans Nationalsport ab. Onosato ist in diesem Jahrhundert erst der zweite Großmeister japanischer Abstammung. Der andere, Kisenosato, der heutige Trainer von Onosato, zog sich 2019 nach einer Verletzung nach nur zwei Jahren zurück.
Der Hype um Onosato in der japanischen Sportpresse rührt auch daher, dass der neue Champion bereits Sumo-Geschichte schrieb: Er erkämpfte sich das weiße Bauchseil (tsuna) eines Yokozuna schneller als jeder andere Ringer im modernen Sumo seit 1909, mit vier Kaiserpokalen in nur neun Großturnieren. Seit seinem Aufstieg in die Profiliga vor anderthalb Jahren gewann er 82% seiner Kämpfe, eine unglaubliche Leistung für einen Neuling. Der Absolvent der Nippon Sport Science University ist zudem der erste Großmeister, der zuvor Amateur-Yokozuna, Weltmeister und Sieger des nationalen Sportfests war. Onosato will sich damit nicht begnügen: „Ich werde fleißig sein und ein einzigartiger Yokozuna werden“, versprach er nach seiner Beförderung.
Unterschiedliche Kampfstile
Mit 1,92 Meter ist er etwas größer als der durchschnittliche Sumotori und wiegt 191 Kilogramm, deutlich mehr als die schlankeren Mongolen. Bei seiner Kampftechnik übt er mit seinem kräftigen Körper Druck aus und greift mit der rechten Hand an, während er mit der linken Hand den Gegner festhält und nach vorne aus dem Ring drängt. Sein Yokozuna-Rivale Hoshoryu wiegt 40 Kilogramm weniger, daher bevorzugt der Neffe von Großmeister Asashoryu aus der Mongolei Wurftechniken und den Außen-Beinhaken, um den Gegner auf den gestampften Lehmboden oder aus dem Ring zu schicken. Ihren letzten Kampf gewann Horshoryu, da war Onosato aber noch kein Großmeister.