KommentarKundenerosion bei der Postbank

Tagesgeld ist ein schwacher Trost

Der Kahlschlag der Filialen kostet die Postbank Kunden. Der Skalierbarkeit des Geschäftsmodells hilft das nicht.

Tagesgeld ist ein schwacher Trost

Postbank

Tagesgeld ist ein schwacher Trost

Von Anna Sleegers

Die Deutsche Bank fremdelt mit dem Massengeschäft. Daran hat auch die aus Kosten- und Reputationssicht schmerzhafte IT-Integration der Postbank nichts verändert. Die einst so dicht gesäten Postbank-Filialen schwinden vielerorts aus dem Stadtbild. Sofern sie ihnen nicht schon aus Ärger über die Ausfälle während und nach der Datenmigration den Rücken gekehrt haben, dürfte viele Postbank-Kunden in den vergangenen Monaten der immer rarer gesäte Zugang zum Wechsel veranlasst haben.

Wenig ambitioniert

Aus Sicht von Dominik Hennen, der das Retailgeschäft von Postbank und Deutsche Bank verantwortet, scheint das kein Problem darzustellen. Frei nach dem Motto „Wo gehobelt wird, fallen Späne“ relativiert er die Kundenverluste im Interview mit dem „Handelsblatt“. Sie bewegten sich im Rahmen früherer Filialschließungen und fielen mit einem niedrigen einstelligen Millionenverlust finanziell kaum ins Gewicht. Sagt er. Ein bisschen unambitioniert wirkt das schon – insbesondere sein Hinweis, dass Zuflüsse im Tagesgeld den Schwund teilweise kompensieren würden.

Tagesgeld heißt Tagesgeld, weil es schon morgen woanders liegen kann. Jede kleine Auslandsbank, die hierzulande nach einer vergleichsweise günstigen Refinanzierungsmöglichkeit sucht, weiß, wie einfach man die risikoaversen deutschen Sparer mit ein paar Prozentpunkten extra dazu bewegen kann, ihr Vermögen bei der Konkurrenz abzuziehen. Mit den langfristigen Kundenbeziehungen, denen sich die Postbank jahrzehntelang rühmen konnte, hat das wenig zu tun.

Als die Deutsche Bank in der großen Finanzkrise immerhin 6,4 Mrd. Euro für die Postbank auf den Tisch legte, war diese mit etwa 14 Millionen Privatkunden die Marktführerin im Retailgeschäft. Damals war der Deutschen Bank im Wesentlichen an der vergleichsweise günstigen Refinanzierungsmöglichkeit gelegen. Dieses Motiv hat mittlerweile an Gewicht verloren. Statt die Kunden durch Vernachlässigung in die Arme der Konkurrenz zu drängen, wäre es dann vielleicht sinnvoller gewesen, das Institut weiterzuverkaufen.