Tauziehen um Sendergruppe
ProSiebenSat.1
Tauziehen um Sendergruppe
Von Stefan Kroneck
ProSiebenSat.1 kommt nicht zur Ruhe. Der Streit um eine passende Strategie in Zeiten wachsenden Wettbewerbs und Kostendrucks ist bei der TV-Sendergruppe zu einem Machtkampf mutiert, der nun eine neue Eskalationsstufe erreicht hat. Der tschechische Großaktionär PPF, der rund 15% am SDax-Mitglied hält, greift mit einem Gegenangebot zur Übernahmeofferte der Berlusconi-Holding Media for Europa (MFE) in diese lange Auseinandersetzung ein.
Schafft es PPF, mit einer freiwilligen Kaufofferte die Beteiligung auf die avisierten knapp 30% aufzustocken, würden die Tschechen mit den Italienern beim Unternehmen mit Sitz in Unterföhring nahe München auf Augenhöhe liegen. Die Chancen dafür, dies zu erreichen, stehen für den Finanzinvestor sehr gut, ist doch dessen Kaufangebot in der Tat für die Anteilseigner im Streubesitz viel attraktiver als die Offerte der Italiener.
Habets will volldigitalen Entertainment-Anbieter
MFE machte bislang keine Anstalten, ProSiebenSat.1 mehrheitlich schlucken zu wollen. Das zeigt der relativ niedrige Preis, den die Italiener bieten. Halten beide Großaktionäre allerdings Sperrminoritäten, würden sie sich gegenseitig blockieren. So hat sich PPF eindeutig auf die Seite des Vorstands unter Leitung von Bert Habets geschlagen. Dieser will ProSiebenSat.1 zu einem voll digitalisierten Entertainment-Anbieter mit Schwerpunkt im deutschsprachigen Raum umformen. MFE will stattdessen die Aktivitäten von ProSiebenSat.1 mit ihren eigenen in Italien und Spanien enger verzahnen, um ein „paneuropäisches“ Medienhaus zu errichten.
Wenig Raum für Einigung
Diese konträren Standpunkte lassen sich nicht unter einen Hut bringen. Das bietet wenig Raum für eine Einigung in der Konzernausrichtung, sollte MFE nicht doch einlenken. In der sich abzeichnenden neuen Eigentümerstruktur wäre MFE zu einer Gegenreaktion in Form eines nachgebesserten Angebots gezwungen, um noch das Blatt für sich zu wenden. Der Ausgang dieses Tauziehens um ProSiebenSat.1 ist daher offen. Das Nachsehen haben das Management und die Konzernmitarbeiter, wenngleich PPF Habets Position gestärkt hat.