LEITARTIKEL

Tech-Monopole im Visier

Seit Jahren mühen sich Regulierungsbehörden ab, um die Macht der großen Tech-Konzerne zu begrenzen. Google wurde etwa die Bevorzugung eigener Angebote durch den Suchalgorithmus vorgeworfen - ein verständlicher Verdacht, der allerdings nur schwer...

Tech-Monopole im Visier

Seit Jahren mühen sich Regulierungsbehörden ab, um die Macht der großen Tech-Konzerne zu begrenzen. Google wurde etwa die Bevorzugung eigener Angebote durch den Suchalgorithmus vorgeworfen – ein verständlicher Verdacht, der allerdings nur schwer nachzuweisen ist. Denn der Suchalgorithmus wird regelmäßig angepasst. Auch ist er hochkomplex, so dass es Gerichten, die sich auf Expertise von Dritten verlassen müssen, eher schwerfällt, hier energisch einzuschreiten. Die neue Kartellrechtsklage des US-Justizministeriums und einiger republikanisch regierter Bundesstaaten versucht gar nicht erst den komplizierten Umweg über den Suchalgorithmus. Und genau darin liegt auch die Erfolgschance des Vorhabens.Denn Google zahlt – und das ist unbestritten – jährlich Milliardensummen, um auf mobilen Endgeräten wie Apples iPhone der voreingestellte Suchdienst im Standard-Internetbrowser zu sein. Damit, so argumentiert das US-Justizministerium, wird die eigene Dominanz gefestigt und Wettbewerb faktisch ausgeschlossen. Dieser Argumentation lässt sich tatsächlich wenig entgegensetzen. Der mit rund 7 % Marktanteil zweitgrößte und einzig relevante Wettbewerber in den USA und Europa ist Microsofts Suchdienst Bing. Der Softwarekonzern hat im Ende Juni abgelaufenen Geschäftsjahr mit dem Suchdienst und Werbepartnerschaften insgesamt nur gut 7,7 Mrd. Dollar umgesetzt. Laut Analysten soll Google allein an Apple 8 Mrd. bis 12 Mrd. Dollar jährlich überweisen. Der noch viel kleinere und umsatzschwächerer Wettbewerber Duckduckgo hat erst recht keine Chance, bei diesen Summen mitzuhalten. Googles Argumentation, ein Lebensmittelanbieter könne schließlich auch für einen besonderen Regalplatz im Supermarkt bezahlen, hinkt gewaltig. Laut Emarketer dominiert Google den US-Markt mit weit mehr als 90 % der Suchanfragen auf Smartphones, knapp 90 % auf Tabletrechnern und knapp 80 % auf klassischen PCs. Trotz zunehmender Konzentration im Lebensmittelsektor ist derartige Dominanz dort gänzlich unbekannt.Zudem lässt sich an der Marktanteilsverteilung erkennen, dass Microsoft dort mehr Marktanteile hat, wo der Konzern mit eigenen Geräten oder wenigstens einem eigenen Betriebssystem noch direkten Zugang zum Endnutzer hat. Der Smartphone-Markt ist derweil ein Duopol, das Apple und Google dominieren. Wenn diese beiden Unternehmen an einem Strang ziehen, bleibt anderen Marktteilnehmern nur die Zuschauerrolle.Damit wirft der Fall nicht nur ein Schlaglicht auf Google und die Praktiken des Suchdienstleisters, sondern auch auf die bedeutende Stellung, die Apple im Smartphone-Markt einnimmt und derzeit gerne herunterspielt. Der Konzern aus dem kalifornischen Cupertino, der sich Analysten zufolge über einen äußerst erfolgreichen Vorverkaufsstart für das neue iPhone freuen konnte, wehrt sich derzeit in einem Streit mit dem Spieleanbieter Epic, der ebenfalls Marktmachtmissbrauch unterstellt. Das Unternehmen nennt die Regeln im App Store wettbewerbsfeindlich. Ein Vorwurf, den der Musikdienst Spotify bereits im vergangenen Jahr erhoben hatte und dem die EU-Kommission in einer formalen Untersuchung seit diesem Juni nachgeht.——Von Sebastian SchmidDie US-Justiz wirft Google kurz vor der Präsidentschaftswahl wettbewerbswidrige Praktiken vor. Ein reines Wahlkampfmanöver ist es dennoch nicht.——