KommentarKI-Fabrik

Telekom und Nvidia gehen in Vorlage

Anders als der erste Anlauf zu einer „deutschen Cloud“ hat die neue KI-Fabrik von Telekom und Nvidia mit SAP mehr Chancen. Gesichert ist ein Erfolg aber nicht.

Telekom und Nvidia gehen in Vorlage

Telekom

Ein mutiger
Schritt

Von Heidi Rohde

Anders als der erste Anlauf der Telekom zu einer „deutschen Cloud“ hat dieser mehr Chancen. Gesichert ist ein Erfolg aber nicht.

Die Deutsche Telekom hat ebenso wie die gesamte Branche leidvolle Erfahrungen gemacht mit der frühzeitigen Bereitstellung von Infrastruktur für eine künftige Nachfrage auf Basis neuer Anwendungen. So geriet einst der 3G-Mobilfunkstandard mangels Nutzung zur Milliardenpanne, und auch der erste Anlauf zu einer „deutschen Cloud“ wurde ein teurer Flop. Dabei war das Ziel der von der Telekom 2015 mit dem Partner Microsoft aufgesetzten Lösung ganz ähnlich wie jetzt das Rechenzentrumsprojekt mit Nvidia: Es sollten Cloud-Dienste aus deutschen Rechenzentren der Telekom mit einem entsprechend strengen deutschen Rechtsrahmen angeboten werden, um „den sich entwickelnden Kundenbedürfnissen gerecht zu werden“, wie es bei Microsoft hieß. 2020 zog der Azure-Betreiber den Stecker. Der Service erwies sich aufgrund der Komplexität als instabil und leistungsschwach, und die Bereitschaft der Kunden, dafür auch noch ein Viertel mehr zu zahlen als für weniger streng administrierte Cloud-Dienste, wurde augenscheinlich überschätzt.

Rückgrat der Digitalisierung

Im zweiten Anlauf für eine deutsche oder – wie sie unterdessen oft genannt wird – souveräne Cloud, bei der die Telekom als Betreiberin des Rechenzentrums mit SAP als Partner für die nötige Software-Infrastruktur zusammenarbeitet, stehen die Chancen für eine Kundenakzeptanz deutlich besser. Rechenzentren gelten als Rückgrat der Digitalisierung, und die Vorstellung, dass ihr Betrieb auch hierzulande komplett in der Hand der drei großen US-Hyperscaler AWS, Microsoft und Google liegt, so dass sie Unternehmen und Verwaltung jederzeit das Kreuz brechen können, verursachen landauf landab wachsendes Unbehagen. Nvidia, die die Nachfrage nach ihren Halbleitern im größten europäischen Markt nicht durch derlei Hemmnisse ausgebremst sehen möchte, ist deshalb gerne bereit, in die gut gefüllten Taschen zu greifen und zu den nicht unbeträchtlichen Hardware-Kosten beizutragen.

Konkurrenz schläft nicht

Dennoch bleiben zwei Herausforderungen: Möglicherweise räumen die Kunden für die souveräne Cloud diesmal eine Preisprämie ein – aber sie wird nicht üppig sein. Zumal dieses Rechenzentrum auch mit den von der EU geplanten KI-Gigafactories, die an fünf europäischen Standorten entstehen sollen, konkurrieren wird. Der Erfolg wird auch davon abhängen, ob all diese Kapazitäten wirklich gebaut werden. Mit Infrastruktur in Vorlage zu gehen, bleibt immer ein mutiger Schritt.