LEITARTIKEL

Uber muss unten durch

Für Evan Spiegel, den Gründer und CEO des Internetdienstes Snap, hätte das Börsendebüt des Fahrdienstvermittlers Uber vor gut einer Woche kaum besser laufen können. "Es tut mir leid für Uber", sagte Spiegel bei einer Podiumsdiskussion in New York,...

Uber muss unten durch

Für Evan Spiegel, den Gründer und CEO des Internetdienstes Snap, hätte das Börsendebüt des Fahrdienstvermittlers Uber vor gut einer Woche kaum besser laufen können. “Es tut mir leid für Uber”, sagte Spiegel bei einer Podiumsdiskussion in New York, räumte aber auch ein, dass es schön sei, dass nun ein anderer Börsenneuling ins Rampenlicht trete. Vor etwas mehr als zwei Jahren war Snap fulminant an die Börse gestartet, musste seither aber bei den meisten Investoren unten durch. Derzeit notiert die Aktie ein Drittel unterhalb des Angebotspreises, und der Börsenwert liegt mit 15 Mrd. Dollar weit entfernt von den Ambitionen vor dem IPO, als das Start-up von privaten Investoren mit bis zu 20 Mrd. Dollar bewertet wurde.Der Flop des Fahrdienstvermittlers Lyft, der Ende März mit Überschwang an die Börse startete und das größte Debüt eines US-Technologieunternehmens seit Snap feierte, sieht bisher wie die Entwicklung des Instant-Messaging-Dienstes im Zeitraffer aus. Seit dem Debüt hat die Aktie in nicht einmal zwei Monaten mehr als ein Drittel an Wert eingebüßt. Bei einer Marktkapitalisierung von derzeit rund 15 Mrd. Dollar notiert Lyft ein Viertel unterhalb des Angebotspreises. Auch hier hatten private Investoren dem Unternehmen vor dem IPO mehr zugetraut und schreckten kurz nach dem Debüt auf, weil der Weg zu einer profitablen Zukunft im Licht des öffentlichen Marktes plötzlich nicht mehr auszumachen war.Die Bruchlandung von Uber stellt aber sowohl Snap als auch Lyft in den Schatten und sucht auch darüber hinaus ihresgleichen. Vor wenigen Monaten wurde dem Fahrdienstvermittler von Investmentbankern für sein IPO noch eine Bewertung von bis zu 120 Mrd. Dollar zugetraut. In den Wochen vor dem Börsengang schrumpften die Ambitionen zunächst auf bis zu 100 Mrd. und dann auf maximal 90 Mrd. Dollar. Das Debüt gelang am unteren Ende der angepeilten Spanne zu einer Bewertung von rund 75 Mrd. Dollar. Auch das war den Investoren im öffentlichen Markt allerdings noch zu viel, und am Ende des ersten Handelstages brachte Uber knapp 70 Mrd. Dollar auf die Waage. Im August des vergangenen Jahres wurde das Unternehmen in der letzten privaten Finanzierungsrunde vor dem IPO mit 76 Mrd. Dollar bewertet. Nach Einschätzung von Beobachtern hat Uber gemessen an den absoluten Einbußen für die Zeichner der 180 Millionen angebotenen Aktien am ersten Handelstag mit rund 620 Mill. Dollar Papierverlust das schlechteste US-Debüt seit mindestens 44 Jahren hingelegt. So weit reichen die Aufzeichnungen von “Mister IPO” Jay Ritter zurück, der an der Universität Florida zu dem Thema forscht und seine Datenbank mit Börsengängen ab dem Jahr 1975 gefüttert hat. Mit einem Kursverlust von knapp 8 % in der ersten Sitzung schafft es Uber nach Angaben des Informationsdienstes Dealogic außerdem unter die Top 10 der schlechtesten Börsengänge aller Zeiten.Kurz vor dem Wochenende schaffte es die Aktie immer noch nicht in die Nähe des Angebotspreises, aber immerhin zum ersten Mal über das Niveau der Erstnotiz, weil eine Behörde der US-Regierung am Dienstag bestätigt hatte, dass die von Uber oder Konkurrenten wie Lyft vermittelten Fahrer als unabhängige Auftragnehmer und nicht als Angestellte der Fahrdienstvermittler zu gelten haben. Das ließ Investoren aufatmen, die regulatorische Risiken im Verhältnis zwischen Uber und ihren nicht angestellten und damit auch nicht versicherten Fahrern fürchten. Am Tag vor dem IPO hatten Fahrerstreiks in den USA und Europa dieses Risiko in den Vordergrund gerückt.——Von Stefan ParaviciniDas IPO von Uber ist gemessen an den Verlusten für die Zeichner der angebotenen Aktien das schlechteste Debüt seit 1975. Dennoch bleibt Luft nach unten. ——