KommentarInfrastrukturgüterindustrie

Unsicherheit trotz hohen Aktienkurses

Das Geschäft von Siemens läuft rund, die Aktie notiert nahezu in Rekordhöhe. Trotzdem nehmen die Unsicherheiten rund um den Konzern wieder zu. Es ist eine Normalisierung zu beobachten.

Unsicherheit trotz hohen Aktienkurses

Siemens

Unsicherheit trotz hohen Kurses

Von Michael Flämig

Ein Höchststand im Xetra-Handelsverlauf und fast ein Rekord-Schlussstand des Aktienkurses am Tag von Hauptversammlung und Vorlage der Quartalszahlen: Besser kann es kaum laufen für eine börsennotierte Gesellschaft. Siemens fehlten am Donnerstag am Ende nur 0,14 Euro für eine neue Schluss-Bestmarke.

Trotzdem ist der Tag mit Unsicherheiten verbunden, an die sich Konzern und Kapitalmarktmarkt erst wieder gewöhnen müssen. Denn im vergangenen Jahr konnten die Kommunikatoren ein „hervorragend“, „exzellent“ oder "fulminant" ans Zahlenwerk heften. Diesmal musste ein „erfolgreich“ reichen. Die Hauptversammlung legte offen, dass zudem die längerfristig orientierte Strategie mit Imponderabilien verbunden ist.

Kurzfristig gilt: Auch wenn Siemens trotz der Konjunkturschwäche in vielen Regionen weiterhin gute Zahlen abliefert, hängt der Erfolg an der Wiederbelebung des hochprofitablen Geschäfts in China. Dort ist das Risiko einer Fehleinschätzung in diesem Jahr ausgeprägt. Der Urlaub rund um das chinesische Neujahrsfest erschwert die Analyse enorm, weil die Ferientage in diesem Jahr auf den Februar fallen und damit die positive Geschäftsentwicklung im Januar nicht aussagekräftig ist.  Außerdem greift die Regierung verstärkt zu Stimulusmaßnahmen. So pumpte die People's Bank of China mit Wirkung vom 5. Februar umgerechnet 128 Mrd. Euro Liquidität über die Senkung der Mindestreservequoten für verschiedene Kreditinstitutsgruppen ins System. Ob diese Finanzspritze zu mehr Bestellungen für die Infrastrukturgüterindustrie führt, ist unklar.

Mittel- und langfristig fehlt den Aktionären das Verständnis, wohin Siemens strebt und wofür der Konzern steht. Das Unbehagen der Investoren schlägt sich in der Forderung nieder, das Konglomerat weiter zu entflechten. Die Institutionellen bleiben aber Antworten schuldig, wie der Konzern einen zweistelligen Mrd.-Euro-Betrag aus Verkaufserlösen produktiver als aktuell einsetzen soll. Andererseits wirkt die Verteidigung der heutigen Struktur zwar emotional engagiert, aber argumentativ seltsam blutleer. Technologie und Innovation sind keine ausreichende Klammer.