Leitartikel:First-Republic-Crash

US-Banken in der Sackgasse

Der heftiger als erwartet ausgefallene Einlagenschwund der First Republic Bank setzt führende US-Finanzinstitute unter Handlungsdruck. Dabei bleibt ihnen nur wenig Spielraum.

US-Banken in der Sackgasse

US-Banken

In der Sackgasse

Von Alex Wehnert

Den führenden US-Finanzinstituten bleibt wenig anderes übrig, als der First Republic Bank erneut unter die Arme zu greifen.

Im Zuge der Krise um die First Republic Bank haben sich auch die führenden Geldhäuser der USA in eine Sackgasse manövriert. Das Geldhaus aus San Francisco vermeldete bei der Zahlenvorlage zum ersten Quartal am Montag, die jüngsten Turbulenzen im Finanzsektor hätten es rund 100 Mrd. Dollar an Einlagen gekostet – die Notlage ist also noch ärger als befürchtet, was sich auch in der weiteren massiven Vernichtung von Börsenwert in den vergangenen Handelstagen ausdrückt. Das Management der First Republic ist deshalb zuletzt wohl mit Gesuchen bezüglich neuer Rettungsmaßnahmen an die elf Finanzinstitute herangetreten, die ihm bereits im März mit Einzahlungen im Gesamtvolumen von 30 Mrd. Dollar beigesprungen waren. Diese, so der Plan, sollen dem gebeutelten Lender seine Kredite oder Wertpapiere über Marktwert abkaufen und ihm somit finanziellen Spielraum verschaffen.

Wenngleich einige Vorstandsmitglieder der Großbanken nun wohl zögern, sich weiter in das Drama hineinziehen zu lassen, haben sie allen Grund nachzuschießen. Denn ihre Einlagen bei der First Republic gehen weit über die Besicherungsgrenze des Regulators FDIC hinaus – für den Fall eines Zusammenbruchs des Geldhauses tragen sie also erhebliche Verlustrisiken. Doch selbst wenn die Bundesbehörden wie im Fall der kollabierten Silicon Valley Bank (SVB) sämtliche Einlagen garantieren würden, müssten sich die Großbanken auf eine „Special Assessment Fee“ einstellen. Über eine solche Gebühr holt die FDIC Mittel von den bei ihr versicherten Instituten ein, um ihre Aufwendungen zu decken und für künftige Garantiefälle gerüstet zu sein.

Für die Großbanken heißt das, dass die First-Republic-Krise unabhängig vom Ausgang noch kostspielig wird – warum dann also nicht den angeschlagenen Lender retten und weitere Ansteckungseffekte verhindern? Als Gegenleistung könnten die führenden Institute immerhin Optionsscheine auf First-Republic-Aktien erhalten und sich im Falle eines Überlebens der Bank Chancen auf Handelsgewinne eröffnen. Doch ein solcher Deal würde eine Verwässerung für Bestandsinvestoren bedeuten und könnte damit zu neuen Kursrückschlägen führen.

Eine Lösung, mit der sich Großbanken und Regulatoren schadlos aus der Affäre ziehen können, gibt es nun nicht mehr. Doch eine Rettung der First Republic Bank – oder zumindest eine Entschädigung von Einlagenkunden – erscheint auch heute aus den gleichen Gründen geboten, aus denen sich J.P. Morgan, Bank of America und Konsorten im März zu ihrer 30-Mrd.-Dollar-Einzahlung entschlossen: Die Gefahr, dass es sonst zu weiteren Bank Runs auf regionale Finanzinstitute kommt und schließlich auch größere Vertreter des Sektors in den Abwärtsstrudel gezogen werden, ist zu hoch.

Dabei gilt es auch zu bedenken, dass es in den USA – anders als nach dem SVB-Kollaps vielerorts in beruhigendem Tonfall verkündet – längst nicht mehr „zu viele“ Banken gibt. Im Jahr 1983 existierten gemäß FDIC-Daten in den Vereinigten Staaten und ihren Außenbezirken nahezu 14.500 Kreditinstitute, im vergangenen Jahr waren es noch etwas mehr als 4.100. Die Zahl der Filialen geht seit 2009 stetig zurück. Dem steht laut dem Volkszählungsamt eine massiv gestiegene Zahl von Anträgen auf Geschäftsgründung gegenüber – und gerade junge und kleine Unternehmen beziehen den bei weitem überwiegenden Teil ihrer Kredite von Finanzinstituten, die weniger als 250 Mrd. Dollar an Assets aufweisen und damit nicht als systemrelevant gelten. Schließlich bieten diese in der Regel weitaus weniger strenge Vergabestandards als die führenden Geldhäuser.

Damit sind Regionalbanken eine wichtige Stütze für die wirtschaftliche Aktivität innerhalb der USA. Weitere Zusammenbrüche dürften das Konjunkturklima also nachhaltiger belasten, als es viele Kommentatoren wahrhaben wollen. Dass die First Republic Bank keineswegs passives Opfer der Panik nach dem SVB-Crash ist, sondern ihre Probleme durch die Vergabe großvolumiger Hypothekenkredite zu unangemessen niedrigen Zinsen selbst zu verantworten hat, sollte dabei zwar nicht unter den Tisch fallen. Letztlich ist dies aber derzeit nicht der springende Punkt. Es gilt vielmehr, nach jedem Strohhalm zu greifen, um eine weitere Ausbreitung der Krise zu verhindern.