Zinszyklus vor dem Ende
Zinszyklus vor dem Ende
Peter De Thier
Der laufende Zinszyklus der US-Notenbank dürfte im Mai abgeschlossen sein.
US-Inflation
Zinszyklus vor dem Ende
Peter De Thier
Es ist selten, dass sich ein mit Spannung erwarteter Bericht zur US-Inflation durch scheinbare Widersprüche auszeichnet. So wiesen die Verbraucherpreise im März den geringsten Anstieg seit fast zwei Jahren auf. Ohne die volatilen Energie- und Lebensmittelpreise legte der Index aber kräftiger zu als im Vormonat. Was bedeutet das für Jerome Powell und seine Kollegen im Offenmarktausschuss (FOMC) der US-Notenbank? Sofern unerwartete Schocks ausbleiben, werden die Währungshüter in drei Wochen die zehnte Leitzinserhöhung in Folge beschließen. Sollten sich die jüngsten Prognosen der Fed, die in der Dot-Plot-Grafik ihren Niederschlag finden, als akkurat herausstellen, dann wird nach der Sitzung im Mai der laufende Zinszyklus abgeschlossen sein. 2024 würden Powell und Co. dann beginnen, den Geldhahn langsam wieder aufzudrehen.
Natürlich könnten ein neues Bankenbeben, ein unerwarteter Konjunktureinbruch oder ein ebenso unerwarteter Inflationsschub einen Kurswechsel auslösen. Kommt es für die US-Wirtschaft aber zu einer weichen Landung und gehen die Preise mit stetem Tempo weiter zurück, dürfte die im Mai erwartete Straffung in der Tat die letzte sein. Mehr wird deswegen nicht notwendig sein, weil jenen Problemen, die heute noch zur Inflation beitragen, mit weiteren Zinserhöhungen nicht beizukommen ist. Das zeigt sich auch am jüngsten Verbraucherpreisindex. Für den andauernden Inflationsdruck sind vor allem die hohen Wohnkosten verantwortlich. Diese sind wiederum das direkte Ergebnis der hohen Zinsen, durch die für Millionen von Amerikanern der Eigenheimerwerb unerschwinglich geworden ist. Die daraus resultierende hohe Nachfrage ließ Mieten auf Rekordhöhen steigen. Das Problem würde weiter eskalieren, sollte die Fed die Zügel noch straffer ziehen.
Eine weiterer Faktor, der die Inflation treibt, ist die niedrige Arbeitslosenquote. Viele Ökonomen glauben nach wie vor fest an die Phillips-Kurve, wonach eine inverse Beziehung zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation besteht. Eine Arbeitslosenquote von 3,5%, die statistischer Vollbeschäftigung entspricht, gepaart mit einer Knappheit an qualifizierten Fachkräften, treibt über steigende Löhne auch die Inflation. Mit weiteren Zinserhöhungen dem Arbeitsmarkt Wind aus den Segeln zu nehmen könnte aber dazu führen, dass es anstelle einer weichen Landung zu einer Rezession kommt. Die Fed wird mit einer weiteren Leitzinserhöhung im Mai ihren Job getan haben. Die Währungshüter sollten dann abwarten und sehen, wie der höchste Zinssatz seit über 15 Jahren im weiteren Jahresverlauf seine volle Wirkung entfaltet.