Notiert inNew York

Verzweifelter Kampf gegen die Wohnungskrise in der Empire City

New Yorks Bürgermeister Eric Adams steht wegen seiner Nähe zur Bau- und Immobilienbranche in der Kritik. Der Demokrat muss mehr tun, um die Wohnungsnot in seiner Stadt zu bekämpfen.

Verzweifelter Kampf gegen die Wohnungskrise in der Empire City

Notiert in New York

Häuserkrise in der Empire City

Von Alex Wehnert

Erst Ende des übernächsten Jahres finden in New York City wieder Bürgermeisterwahlen statt – doch Amtsinhaber Eric Adams bringt sich jetzt schon in Stellung. Der Demokrat hat seit Januar bereits 1,3 Mill. Dollar für seinen Wahlkampf eingesammelt und dabei insbesondere von mehreren Immobilienmogulen und Großvermietern die maximal zulässige Spendensumme erhalten.

Gegenüber dieser Branche gilt der 62-Jährige als besonders freundlich eingestellt. Unter anderem hat er in zwei aufeinanderfolgenden Jahren Mieterhöhungen für Wohnungen unter städtischer Preiskontrolle mitgetragen. Zudem legt er sich mit bundesstaatlichen Behörden an, weil diese Steueranreize für Entwickler nicht verlängert haben – und posiert bei Terminen gerne vor Gebäuden aus den Portfolios der führenden Vermieter der Stadt. Insbesondere der Wolkenkratzer One Vanderbilt hat es dem Bürgermeister angetan.

Adams, der seine Herkunft aus der Arbeiterklasse mit Stolz zu betonen pflegt, vermittelt seiner wenig privilegierten Wählerbasis die Nähe zur Immobilienbranche als strategisch. Schließlich brauche es mehr finanzierbaren Wohnraum in der Stadt, die bezüglich der Zahlungsfähigkeit ihrer Einwohner in der schwersten Krise seit zwei Jahrzehnten steckt – um die explodierenden Mieten einzudämmen, müsse die Entwicklungsaktivität gefördert werden.

Weil die Notlage weit über die Stadtgrenzen hinaus Wirkung entfaltet, wird Gouverneurin Kathy Hochul aktiv. Adams’ Parteifreundin war im Frühjahr daran gescheitert, sich mit Mitgliedern der bundesstaatlichen Parlamentskammern auf einen breiten Plan zur Bekämpfung der Krise zu einigen. Nun räumt sie Entwicklern per Exekutiventscheidung Steuervorteile ein, die stark jenen ähneln, für die sich der umstrittene Bürgermeister der größten Metropole New Yorks so vehement eingesetzt hatte.

Hochuls Notfallmaßnahmen sind zunächst auf Gowanus – ein Stadtviertel in Brooklyn – beschränkt, die Gouverneurin will aber auch den Bau von Wohnimmobilien auf bundesstaatlichem Grund vorantreiben. Zudem verspricht sie Kommunen, die mehr Wohnungen bauen, Vorteile im Wettbewerb um 650 Mill. Dollar an Fördergeldern.

Thomas DiNapoli dürfte Ankündigungen über neue Ausgaben indes mit gemischten Gefühlen vernehmen. Der Rechnungsprüfer der Bundesstaats New York warnte in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht davor, dass im Haushalt des Empire State bis 2027 ein Loch von 36,4 Mrd. Dollar klaffen dürfte. Hochuls Verwaltung hat für diesen Zeitraum bisher weniger als 20 Mrd. Dollar beiseitegelegt. DiNapoli bezeichnete diese Reserven zwar als wichtig, unterstrich zugleich aber, dass sie weder ausreichend hoch ausfielen noch eine umsichtige Haushaltspolitik ersetzen könnten. Nun sei die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit New Yorks in Gefahr.

Allerdings kritisiert DiNapolis Behörde durchaus den Mangel an Wohnraum, der gerade ältere Einwohner hart treffe. Die Notlage sei aber auch auf eine ineffiziente Verteilung zurückzuführen. Zahlreiche Wohnungen stünden leer, Plätze in Altersresidenzen würden trotz langer Wartelisten nicht vergeben. Die Obdachlosigkeit über alle Altersgruppen hinweg öffnet weiteren sozialen Problemen Tür und Tor, die wiederum die Attraktivität New Yorks als Firmenstandort reduzieren – was DiNapoli, der ohnehin vor niedrigeren Steuereinnahmen warnt, ein Dorn im Auge sein dürfte.

Die Situation am New Yorker Wohnungsmarkt stellt die wohl extremste Ausprägung einer Krise dar, die den Großteil der US-Städte erfasst hat. Eine Lösung sehen Beobachter in einer Umwandlung von Gewerbeimmobilien, die ohnehin in historischer Zahl leer stehen. Die Eigentümer des Flatiron Building wollen die Büroflächen in dem Wahrzeichen Midtown Manhattans beispielsweise in weiten Teilen in Wohnungen konvertieren. Damit dieser Ansatz aber weithin gangbar wird, ist Bürokratieabbau nötig, noch dauert der Antragsprozess für solche Umwandlungen viel zu lange. Auch Bürgermeister Adams ist damit gefragt.

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