LeitartikelEinzelhandel

Vielen Händlern droht das Aus

Eine Rezession wird nicht durch Weihnachtsstimmung und Lichterglanz überwunden. Im nächsten Jahr droht daher vielen Einzelhändlern das Aus.

Vielen Händlern droht das Aus

Konsumflaute

Vielen Einzelhändlern droht das Aus

Von Martin Dunzendorfer

Eine Rezession wird nicht durch Weihnachtsstimmung und Lichterglanz über- wunden. Nächstes Jahr droht vielen Händlern das Aus.

Nein, wir sind nicht aus dem Gröbsten raus. Auch wenn zuletzt einige Konjunkturindikatoren und Umfragen etwas Entspannung signalisierten, werden Kauflaune und private Nachfrage in Deutschland spätestens nach dem Jahreswechsel wieder auf die tiefsten Niveaus der Vorjahre sinken. Oder darunter. Denn der gesamtwirtschaftliche Konsum kann sich nur erholen, wenn die Verbraucher von einem robusten Fundament ausgehend ihre ökonomischen Perspektiven für eine absehbare Zeitspanne als positiv, zumindest aber als solide nach unten abgesichert einschätzen. Davon kann jedoch keine Rede sein.

Hoffnung auf Besserung verflogen

Im Gegenteil: Jeder Hauch von Hoffnung, dass sich die wirtschaftliche Lage Deutschlands im nächsten Jahr verbessern könnte – auch im Vergleich mit anderen europäischen Flächenstaaten –, ist in den vergangenen Monaten aus unterschiedlichsten Gründen verflogen. Sind die Christbäume entsorgt und die Weihnachtsstimmung verflogen, wird sich daher die Tristesse wieder Bahn brechen.

Jüngster Schlag gegen eine potenzielle Erholung der Konjunktur und der Konsumlaune war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November, wonach das 2. Nachtragshaushaltsgesetz von 2021 nichtig ist. Diese Entscheidung hat zur Folge, dass der Klima- und Transformationsfonds, aus dem viele Subventionen gezahlt werden oder werden sollten, um 60 Mrd. Euro gekürzt wurde. Diese Lücke im Bundeshaushalt muss nun gestopft werden.

Ausgabenkürzungen der Regierung schlagen auf privaten Konsum durch

Es ist gar nicht nötig, in die Glaskugel zu schauen, um herauszufinden, wo die Regierung überall den Rotstift ansetzen wird – welche Projekte und Förderungen nicht umgesetzt oder weitergeführt werden können –, wie viel Kapital sie sich durch Neuverschuldung beschaffen wird oder ob vielleicht doch Steuern erhöht werden. Es reicht völlig, dass den Verbrauchern klar ist, dass diese Maßnahmen – gleich in welcher Kombination und Stärke – zu einer weiteren Reduzierung der ihnen zum Konsum zur Verfügung stehenden Mittel führen werden. Als ob in die Höhe schießende Lebensmittelpreise, hohe Kosten für Energie und Kraftstoffe sowie all die anderen stark gestiegenen Ausgaben nicht schon genug an Belastungen für das Portemonnaie mit sich gebracht hätten. Für den Einzelhandel ist das, gelinde gesagt, eine schlechte Nachricht. Denn ein sinkendes verfügbares Einkommen, noch dazu in Kombination mit trüben Konjunkturaussichten, die bei vielen Bürgern die Sorge um den Erhalt des Arbeitsplatzes hervorrufen, ist Gift für den Konsum.

Auch wenn man den Ergebnissen der zahlreichen Umfragen, wie viel Geld die Verbraucher für Weihnachtsgeschenke auszugeben planen, mit Vorsicht genießen sollte – die Angaben sind meist unrealistisch hoch –, so zeigen die Studien in diesem Jahr, dass deutlich weniger Geschenke unter dem Christbaum landen könnten. Ein ungewöhnliches Fazit, gingen die Summen doch sonst fast immer nach oben. Selbst in früheren Krisen blieben die avisierten Ausgaben für Präsente stabil.

Böses Erwachen für Händler, die vom Weihnachtsgeschäft abhängig sind

Träfen die Ergebnisse dieser Erhebungen tatsächlich ein, würde das die Hersteller und Händler von Spielwaren, Büchern, Mode und Konsumelektronik hart treffen. Denn gerade für diese Branchen ist das Weihnachtsgeschäft extrem wichtig. Für Einzelhändler, die bislang schon von der Hand in den Mund lebten, könnten magere Erlöse in dieser Hochsaison sogar das Aus bedeuten, sind sie doch gezwungen, in dieser Zeit Winterspeck anzusetzen, um so durch die umsatzschwache Saure-Gurken-Zeit zu Jahresbeginn zu kommen.

Den Einzelhandel belastet aber nicht nur die schwindende Nachfrage, die die Möglichkeit zur Erhöhung der Verkaufspreise stark limitiert. Zudem verlangen die Lieferanten mehr Geld für ihre Waren und die Personalkosten steigen. Ausgaben, die nicht zwingend notwendig sind – etwa für die Umgestaltung des Verkaufsraums oder neue Software –, leisten sich nur noch liquide Unternehmen. Doch die Liquiditätslage vieler Händler verschlechtert sich zusehends und wird sich wohl vor 2025 nicht spürbar verbessern. Wenn dann noch Kredite zurückgezahlt oder refinanziert werden müssen, beispielsweise aus der Pandemie-Zeit, kann es schnell vorbei sein.

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