Von der Alhambra zur AMLA
Notiert in Madrid
Von der Alhambra zur AMLA
Von Thilo Schäfer
In der spanischen Regierung waren Freude und Erleichterung groß über den Erfolg des europäischen Doppelgipfels in Granada letzte Woche. Die logistische Herausforderung eines Treffens von rund 40 Staats- und Regierungschefs in einer Stadt von gerade einmal 230.000 Einwohnern war geglückt. Die Bilder der Mächtigen im märchenhaften Alhambra-Palast zeichneten Spaniens Ministerpräsidenten Pedro Sánchez einmal mehr als Gastgeber mit Sinn für effektive Inszenierung aus. Wie bereits im Vorjahr beim Nato-Gipfel in Madrid, als die Bilder der Gäste im Prado-Museum um die Welt gingen. Am Vortag des Gipfels der Europäischen Politischen Gemeinschaft und der Europäischen Union in Granada erreichte Sánchez auch noch ziemlich überraschend die Nachricht, dass Spanien, zusammen mit den Nachbarn Portugal und Marokko, den Zuschlag für die Fußball-Weltmeisterschaft 2030 erhielt. Nach dem Willen des Weltverbandes Fifa finden jedoch auch ein paar Spiele in Südamerika statt, was die Freude aber nicht groß trübte.
In Madrid schaut man nun auf die nächste große Vergabe auf der internationalen Bühne. Spaniens Hauptstadt bewirbt sich um den Sitz der neuen Europäische Anti-Geldwäsche-Behörde. Zusammen mit Frankfurt und Paris zählt Madrid zu den Favoriten unter einem Dutzend von Bewerbern. Die neue Anti-Money Laundering Authority (AMLA) soll 2024 in Betrieb gehen. Die Spanier bauen unter anderem auf die Größe der Fünf-Millionen-Metropole mit der dazugehörigen Infrastruktur und Verkehrsanbindungen, bei der Mitbewerber wie Luxemburg, Vilnius oder Dublin schwer mithalten können. Die Bewerbung setzt erwartungsgemäß auch auf ein wohlbekanntes Plus des Standorts Spanien: die hohe Lebensqualität bei im europäischen Vergleich niedrigeren Kosten.
Spanien will den Finanzplatz Madrid stärken
Von diesen Rahmenbedingungen konnten sich am Montag die Mitarbeiter anderer europäischer Aufsichtsbehörden vor Ort einen Eindruck machen. Die zehnte Ausgabe des Verbraucherschutztages der Aufsichtsbehörden für Banken (EBA), Versicherungen (EIOPA) und Märkte (ESMA) fand im Prado-Museum statt. Die Delegierten konnten nach intensiven Panels über Cross-Selling, Kryptodevisen und Greenwashing zur Entspannung gleich nebenan die Meisterwerke von Velázquez, Goya oder Rubens bewundern gehen. Der Vorsitzende der EBA, der Spanier José Manuel Campa, erklärte, wie sehr ihm Madrid am Herzen liege. Über die Chancen der Stadt auf die AMLA wollte er sich auf Anfrage nicht äußern. Madrid hatte nach dem Brexit selbst Ambitionen auf den Umzug der EBA aus London, musste aber für die gleichzeitige Kandidatur Barcelonas für die europäische Arzneimittel-Agentur EMA zurückstecken.
Mit der Anti-Geldwäsche-Behörde will man den Finanzplatz Madrid gegenüber Frankfurt, Paris oder Mailand stärken. Die Gemeinde hat sogar schon ein Gebäude: die Torre de Cristal, mit 249 Metern und 50 Stockwerken das höchste Haus des Landes. Abgesehen von den Einrichtungen baut die spanische Kandidatur für AMLA auf die Erfahrung bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung, die international auf Anerkennung stößt, etwa durch die Financial Action Task Force der OECD. Doch ist in diesen Tagen ein wenig Ernüchterung eingetreten. Laut Medienberichten fürchtet man eine Art Kuhhandel zwischen Berlin und Paris, nachdem die Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch gegenüber ihrer Kollegin von Banco de España, Margarita Delgado, das Rennen um den Chefposten der EZB-Bankenaufsicht machte – mit französischer Unterstützung.
Während AMLA in der Schwebe hängt, wird Madrid mit Sicherheit Spiele der Fußball-WM 2030 austragen. Eigentlich galt es als ausgemacht, dass das Endspiel im rundum modernisierten Estadio Santiago Bernabéu stattfinden wird, das demnächst offiziell eingeweiht wird. Doch nun melden die Marokkaner Ansprüche an, das Finale in einem Stadion in Casablanca auszutragen, das eigens neu gebaut wird. Sánchez müsste vielleicht einmal die Fifa-Oberen in die Alhambra einladen.