LeitartikelUS-Großbanken

Von Sonderbelastungen und tiefergehenden Problemen

Die Chefs der großen US-Banken machen sich die Erklärung der überwiegend enttäuschenden Zahlen zum Schlussquartal 2023 zu einfach. Die von ihnen angeführten Sonderbelastungen sind Beleg für Probleme, die auch in Zukunft die Bilanzen trüben.

Von Sonderbelastungen und tiefergehenden Problemen

US-Großbanken

Durchschlagende Sondereffekte

Die US-Großbanken machen es sich bei der Erklärung ihrer enttäuschenden Zahlen zum Schlussquartal 2023 zu einfach.

Von Alex Wehnert

Die US-Großbanken machen es sich bei der Erklärung ihrer überwiegend enttäuschenden Zahlen zum Schlussquartal 2023 zu einfach. Brian Moynihan, CEO der Bank of America, sprach im Rahmen der Zahlenvorlage in der vergangenen Woche von soliden Resultaten, obwohl der Gewinn seines Geldhauses im abgelaufenen Jahresviertel um 56% einbrach und damit doppelt so stark wie an der Wall Street befürchtet. Wie seine Vorstandskollegen von Amerikas anderen führenden Finanzinstituten verwies der Chef der zweitgrößten US-Bank zur Begründung auf die eingetrübte Rentabilität – die Rendite auf das materielle, den Stammaktionären zugerechnete Eigenkapital seines Hauses sackte von 15,47% im dritten Quartal auf nunmehr 5,92% ab – auf Einmaleffekte. Dabei übergehen die Manager aber, dass viele der Sonderbelastungen Ausdruck tiefergehender Probleme sind.

Brian Moynihan, CEO von Bank of America, hält die Resultate seines Instituts trotz eines Gewinneinbruchs für solide. Picture Alliance/EPA/Gian Ehrenzeller.

Belastet hat die Ergebnisse im Schlussquartal zum Beispiel eine von der Einlagensicherung FDIC erhobene Sondergebühr. Der Regulator wendete im Zuge der Zusammenbrüche der Silicon Valley Bank und der Signature Bank im vergangenen Frühjahr rund 16 Mrd. Dollar auf, um die Depositen amerikanischer Sparer zu besichern. Nun bat er die führenden Finanzinstitute des Landes zur Kasse, um seinen Reservefonds wieder aufzufüllen. Die Milliardenabgaben trugen entscheidend zum Gewinneinbruch von Bank of America bei. Citigroup stürzte auch aufgrund der Sonderbelastung in die Verlustzone ab.

Furcht vor zunehmend schnelleren Bank Runs

Die durchschlagende Wirkung der Sonderabgabe hat den Anlegern eindrucksvoll in Erinnerung gerufen, wie stark Verwerfungen unter Amerikas Regionalbanken sich auf die größten Institute des Landes auswirken können. Und die Lage unter mittelgroßen Instituten ist noch immer nicht stabil zu nennen. Mit Michael Hsu, dem Chef der für die Überwachung des nationalen Kreditwesens zuständigen Behörde OCC, hat nun ein hochrangiger Regulierungsvertreter vor den Gefahren zunehmend schnellerer Bank Runs gewarnt. Deshalb schlägt Hsu neue Regeln vor, nach denen regionale Institute unter Beweis stellen müssten, dass sie kurzfristige große Einlagenabflüsse unter anderem durch Notfallkredite aus dem Discount Window der Federal Reserve abfedern können. Doch pflegt eine erhöhte Aktivität am Discount Window Investoren eher zu verunsichern, als ihnen Sorgen über einen Liquiditätsschwund zu nehmen, wie nicht zuletzt die Erfahrungen während der Finanzkrise 2008 gezeigt haben.

Zudem wird für die kleinen bis mittelgroßen Geldhäuser gerade weniger die Furcht vor einem Verlust alter Depositen als vielmehr der Kampf um neue bedenklich. Denn um Kunden anzuziehen, müssen sie höhere Raten auf Einlagen zahlen – ein Wettbewerb, der sich auch bei größeren Regionalinstituten wie Citizens Financial in sinkenden Nettozinsmargen bemerkbar macht. Und selbst bei Branchenriesen wie Bank of America und Citigroup, die aufgrund ihrer schieren Größe weniger offensiv um Depositen werben müssen, bröckeln die Nettozinserträge im Vergleich zu den Vorquartalen ab – und die Ausblicke für 2024 fallen angesichts erwarteter Zinssenkungen durch die Federal Reserve verhalten aus.

Härtere Kapitalvorgaben voraus

Natürlich können die Institute die Zinseinnahmen durch eine Ausweitung ihrer Kreditvergabe ankurbeln. Das stünde aber im harten Kontrast zu den Bemühungen der Geldhäuser, angesichts der bevorstehenden Verschärfung von Kapitalvorgaben in den USA ihre risikogewichteten Aktiva herunterzufahren. In diesem Kontext bietet die aktuelle Zusammensetzung der Kreditportfolios durchaus Anlass zur Sorge. J.P. Morgan, Bank of America, Wells Fargo und Citigroup haben im vierten Quartal gemeinsam Abschreibungen im Umfang von 6,6 Mrd. Dollar auf Kredite vorgenommen und damit doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum. Die Ausfallraten insbesondere im Kartengeschäft dürften nach eigenen Prognosen der Institute 2024 noch anziehen. Verwerfungen am Gewerbeimmobilienmarkt, an dem gemäß Daten des Analysedienstes Trepp bis Ende 2027 Darlehen im Volumen von 2,2 Bill. Dollar zu verschärften Konditionen refinanziert werden müssen, sorgen für weitere Spannungen. Resultierende Abschreibungen dürften die CEOs als Sondereffekte wegzuerklären suchen – was Anlegern den Schmerz über Belastungen für die Gewinne aber nicht nehmen wird.

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