KommentarStartup-Finanzierungen

Wagniskapital wagt endlich mehr

Startups aus Bayern haben im ersten Halbjahr erneut mehr Wagniskapital erhalten als jene aus Berlin. Das zeigt, dass Investoren zunehmend bereit sind, tatsächlich ins Risiko zu gehen und auch mal in kapitalintensivere Vorhaben zu investieren. Öffentliche Kapitalgeber sollten sich deswegen jetzt aber nicht zurückziehen.

Wagniskapital wagt endlich mehr

Startup-Finanzierungen

Wagniskapital
wagt endlich mehr

Von Karolin Rothbart

Wagniskapitalgeber werden ihrem Namen in Deutschland langsam aber sicher gerecht. Denn anders als in der Vergangenheit, wo Investoren ihre Gelder zum größten Teil noch in die Berliner Gründerszene und damit vornehmlich in wenig kapitalintensive Bereiche wie Software- oder E-Commerce gesteckt haben, fließen die Mittel heute zu einem größeren Teil nach Bayern. Dort, wo sich auch die fertigende Industrie gerade neu erfindet, wo Raketen gebaut und Raumfahrzeuge entwickelt, wo Drohnen in Masse produziert, wo Quantencomputer entwickelt und wo Kernfusions-Unternehmen den Menschheitstraum einer nahezu unerschöpflichen Energiequelle verfolgen, sind allein im ersten Halbjahr mehr als 2 Mrd. Euro für Startups zusammengekommen. Das ist fast so viel wie im gesamten Vorjahr und spürbar mehr als in der Hauptstadt, wo Gründer in den ersten sechs Monaten insgesamt 1,5 Mrd. Euro eingesammelt haben.

Keine Angst vor hohen Kosten

Die Entwicklung zeigt, dass sich Investoren durchaus auch für kostenintensive Vorhaben erwärmen können, deren Skalierung nicht unbedingt ein Selbstläufer ist und die auch nicht immer gleich eine schnelle Rendite versprechen. Dafür bergen sie aber das Potenzial, den einst so starken industriellen Sektor in Deutschland neu zu beleben. Im besten Fall könnte das eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze mit sich bringen, die in anderen Bereichen gerade obsolet werden – und zwar auch unter Mitwirken von Wagniskapital. Im Mai ist neben dem Drohnenhersteller Quantum Systems zeitgleich ein weiteres Einhorn entstanden: Das Berliner Unternehmen Parloa, das Firmenkunden KI-Agenten bietet, die im Kundenservice zum Einsatz kommen, hatte in einer Finanzierungsrunde 120 Mill. Dollar erhalten.

Ein solcher technischer Fortschritt lässt sich nicht aufhalten. Damit er aber auch in Zukunft möglichst sozialverträglich verläuft und an anderer Stelle neue Jobs schafft, müssen weiterhin die richtigen Anreize gesetzt werden. Bayern macht es vor und beteiligt sich etwa über die landeseigene Wagniskapitalgesellschaft Bayern Kapital regelmäßig an dortigen Startups. Für private Geldgeber sind das wichtige Signale.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.