Schloss Vollrads

Wenn's um Riesling geht – Sparkasse

In den Neunzigern ist der Nassauischen Sparkasse Schloss Vollrads im Rheingau zugefallen. Damals fand die Naspa für das Weingut keinen seriösen Käufer. Heute sucht sie – zumindest auf absehbare Zeit – gar keinen mehr.

Wenn's um Riesling geht – Sparkasse

Wenn’s um Riesling geht: Sparkasse

In den Neunzigern ist der Nassauischen Sparkasse Schloss Vollrads im Rheingau zugefallen. Damals fand die Naspa für das Weingut keinen seriösen Käufer. Heute sucht sie – zumindest auf absehbare Zeit – gar keinen mehr.

Von Detlef Fechtner, Frankfurt

Das hessische Sparkassengesetz weist den Sparkassen die Rolle als „dem gemeinen Nutzen dienende Wirtschaftsunternehmen“ zu. „Sie fördern die kommunalen Belange insbesondere im wirtschaftlichen, regionalpolitischen, sozialen und kulturellen Bereich.“ Das lässt sich eng auslegen – oder auch weiter. Die Nassauische Sparkasse (Naspa), die mit mit einer Bilanzsumme von mehr als 15 Mrd. Euro Platz 11 in der Rangliste der deutschen Sparkassen belegt, gehört zu denen, die den öffentlichen Auftrag und die regionale Verantwortung etwas offener interpretieren. Denn zu ihren Vermögenswerten zählt eine ganz besondere Position: das Schloss Vollrads im Rheingau, nach eigenen Angaben eines der ältesten Weingüter der Welt.

Das Engagement als Weingutsbesitzer startete denkbar dramatisch – und tragisch. Erwein Graf Matuschka-Greiffenclau hatte 1975 in 27. Generation Schloss Vollrads übernommen und es auch als Wohnsitz genutzt. Doch er tat sich schwer damit, dass Weingut profitabel zu managen, da ihn die Kosten für die Instandhaltung des Schlosses wirtschaftlich überforderten. Nachdem er mehrere Jahre keine Zinsen mehr auf Kredite gezahlt hatte, beantragte die Hausbank und Hauptgläubigerin Naspa 1997 beim Amtsgericht Rüdesheim die Insolvenz des überschuldeten Unternehmens. Der Schlossherr nahm sich daraufhin das Leben.

Ökologischer Weinanbau

Da sich anschließend kein Käufer fand, der eine angemessene Summe für das Schloss bot, wurde Vollrads zwei Jahre später in den Besitz der Sparkasse übernommen. Der Naspa gelang es, Schloss Vollrads zu einem profitablen Unternehmen zu entwickeln. Die Weinproduktion wurde modernisiert, 2011 wurde eine Maschinenhalle hinter dem Schloss errichtet.

Später wurde das Weingut auf ökologischen Anbau umgestellt. Geschäftsführer und Weingutsdirektor Ralf Bengel berichtet im Gespräch mit der Börsen-Zeitung nicht ohne Stolz, dass Vollrads mittlerweile nach dreijähriger ökologischer Umstellungszeit die Bio-Zertifizierung nach der einschlägigen EU-Verordnung erworben hat und somit die Weine des Jahrgangs 2022 mit dem grünen Bio-Siegel kennzeichnen darf. Auch erfüllt das Weingut nach eigenen Angaben die Kriterien der Nachhaltigkeitszertifikate „Fair Choice“ und „Eco Step“. Flankiert wird die nachhaltige Umstellung des Anbaus durch eine energetische Sanierung im Zuge des im vergangenen Jahr gestarteten Neubaus einer großen Kellerei. Dem Bauvorhaben liegt ein modernes Energiekonzept zugrunde.

Besonders wichtig ist Weingutsdirektor Bengel die erfolgreiche nachhaltige Transformation, vor allem in den Jahren 2019 bis 2022. Schloss Vollrads ist heute Hessens größter Produzent von Bioweinen. Die Rebzeilen sind pflanzendurchwachsen, was Auswirkungen auf die Düngung hat. Es gibt eine große Artenvielfalt. Angebaut wird ausschließlich Riesling, eine robuste, standortbezogene Rebsorte, wie Bengel betont. Eine Besonderheit des Weinguts ist seine Kompaktheit. 50 von 63 Hektar befinden sich in Sichtweite. Das hilft erheblich bei der Behandlung der Rebstöcke, wenn zum Beispiel Pflanzenschutzmittel schnell ausgebracht werden müssen.

Immerhin 40% der produzierten Flaschen werden ins Ausland versendet. Im Wirtschaftsjahr 2021/22 blieben nach Abzug aller Belastungen 500.000 Euro in der Kasse. Aus dem einst defizitären Unternehmen ist ein profitables Weingut geworden, das heute 50 feste Angestellte beschäftigt, zuzüglich der Aushilfen und Saisonarbeiter in den Spitzenzeiten.

“Teil des öffentlichen Auftrags”

Die Erträge verblieben im Unternehmen und würden nicht an die Sparkasse ausgeschüttet, denn der Gewinn werde thesauriert, berichtet Bertram Theilacker, der bis vor wenigen Wochen der Beiratsvorsitzende von Schloss Vollrads und Vorstandsmitglied der Nassauischen Sparkasse gewesen ist. „Wir verstehen uns als Teil des öffentlichen Auftrags“, sagt Theilacker. Die Tore von Vollrads seien nie verschlossen, das Schloss sei ein Kulturgut für die Öffentlichkeit und insbesondere für die Region, den Rheingau. Und genau das korrespondiere ja mit dem Auftrag des 100-prozentigen Eigentümers, der Nassauischen Sparkasse. So spielten etwa regionale Aspekte beim Veranstaltungsmanagement eine besondere Rolle, machen Bengel und Theilacker deutlich.

Theilacker sieht auch einen Beitrag für die Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft. Die Nachbarwinzer empfänden es als Vorteil, dass Schloss Vollrads längst wieder wirtschaftlich funktioniere, denn für die kleineren Weingüter sei es hilfreich, wenn es in der Region auch große Namen gebe. Vollrads wiederum achte darauf, den benachbarten Produzenten nicht ins Gehege zu kommen. So unterhalte man beispielsweise „keinen Weinstand unten am Rhein“.

Emotionale Rendite

Wenn Theilacker über das Engagement der Nassauischen Sparkasse bei Schloss Vollrads redet, dann spricht er auch von einer „emotionalen Rendite“ – ein Engagement also, das sich nicht ausschließlich in Euro und Cent messen lasse. Mittlerweile klopften Investoren, unter anderem aus Russland und China, an die Tür, die sich für einen Kauf von Schloss Vollrads interessierten, berichtet der frühere Beiratsvorsitzende. Und er stellt umgehend klar: „Bis auf Weiteres ist keine Veräußerung geplant.“

Der prägnante Turm gilt als Wahrzeichen des Weinguts in Winkel im Rheingau.

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