KommentarChipindustrie

Wette auf die Zukunft

Nach einer angekündigten zusätzlichen Mega-Investition wenden sich die Anleger von Infineon ab. Für den Chipkonzern ist diese Vorleistung eine Frage der künftigen Wettbewerbsfähigkeit.

Wette auf die Zukunft

Halbleiter

Wette auf die Zukunft

Von Stefan Kroneck
Von Stefan Kroneck

Jochen Hanebeck gibt sich unbeirrt. Der Vorstandschef von Infineon macht Tempo beim Ausbau der Fertigungskapazitäten mit modernsten Siliziumkarbid-Technologien. Nach den Standorten Villach und Dresden plant Deutschlands größter Halbleiterhersteller eine erneute Mega-Investition im malaysischen Kulim im Umfang von zusätzlichen 5 Mrd. Euro. Was für den Konzernmanager der Logik der eigenen Wachstumsstrategie entspricht, sorgt für zusätzliche Verunsicherung unter den Anlegern. Nach Vorlage des Zwischenberichts zum 30. Juni ging die Aktie auf Talfahrt. Der Titel von Infineon stürzte zeitweise über 12% ab. Mancher mag diese Reaktion an der Börse als übertrieben beurteilen. Allerdings passt sie ins gegenwärtig angespannte Umfeld. Denn die Investoren treibt die Furcht um, dass die Chipbranche in eine längere zyklische Abwärtsspirale gleiten könnte. Die zuvor verhaltenen Ausblicke einiger Anbieter stützen diese Besorgnis. Hanebecks Ankündigung sorgte daher am Markt für einen Schock.

Infineon leistete dem selbst Vorschub, indem die Geschäftsleitung bei Präsentation des Zahlenwerks implizit einräumte, dass die operative Marge tendenziell nachlässt. In dem am 30. September endenden Geschäftsjahr 2023 sind noch 27% gesetzt, für 2024 rechnen Analysten mit einem Rückgang auf 26% bei ungebremst steigendem Umsatz. Vorleistungen in Milliardenumfang drücken zunächst die Profitabilität und den freien Mittelzufluss. Letzteres dämpft die Erwartungen für die Dividende. Diese fällt aber bei Infineon ohnehin erfahrungsgemäß mager aus.

Infineon befindet sich aber nicht in einer Krise. Im Kern verläuft das Geschäft stabil. Auch im kommenden Jahr dürfte die Marge oberhalb der langfristigen eigenen Zielgröße von 25% liegen. Dafür sorgt die hohe Nachfrage der Autobranche und der Industrie nach Leistungshalbleitern, die das Kerngeschäft von Infineon ausmachen. Damit kann der Konzern die Flaute im Konsumentengeschäft, welches andere Chipadressen deutlich stärker trifft, mehr als kompensieren.

Im schnelllebigen Halbleitergeschäft ist technologischer Vorsprung überlebenswichtig. Wer nicht mithalten kann, wird von der Konkurrenz verdrängt. Insofern ist Hanebecks Entscheidung, zu klotzen statt zu kleckern, nachvollziehbar, aber riskant. Den Wettstreit um die Märkte von Morgen heizen weltweit umfangreiche staatliche Förderprogramme an. Für Infineon ist der Investitionsschub daher eine Wette auf die Zukunft. Erst in Jahren wird sich messbar zeigen, welche Erträge das Unternehmen aufgrund der erhöhten Risikobereitschaft der Konzernspitze erwirtschaften kann.

Für Infineon ist die zusätzliche Mega-Investition eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit.

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