KommentarBayer

Wirksame Beruhigungspille

Die Aussichten für die Agrarsparte von Bayer sind düster. Doch trotz der erwarteten Cashflow-Dürre wird an der Dividendenpolitik nicht gerüttelt. Das beruhigt.

Wirksame Beruhigungspille

BAYER

Wirksame
Beruhigungspille

Von Annette Becker

Trotz der erwarteten Cashflow-Dürre bei Bayer wird an der Dividendenpolitik nicht gerüttelt. Das beruhigt.

Das Trauerspiel um Monsanto und den Verkaufsschlager Glyphosat scheint bei Bayer kein Ende zu finden. Waren es über viele Jahre die mit dem Breitbandherbizid einhergehenden Schadenersatzklagen, die Bayer milliardenschwere Verluste bescherten, kommt nun der operative Dämpfer hinzu. Die wegen der eingetrübten Geschäftsaussichten erforderliche außerplanmäßige Werthaltigkeitsprüfung in der Sparte Cropscience förderte im zweiten Quartal einen Korrekturbedarf auf Geschäfts- oder Firmenwerte von 2,4 Mrd. Euro zutage sowie Abschreibungen auf Sachanlagen von 277 Mill. Euro.

Das verwundert angesichts des Einbruchs im operativen Spartenergebnis im Berichtsquartal um fast 60% wenig. Allein der Umsatz mit glyphosatbasierten Unkrautvernichtern brach um 70% (!) ein. Der Erlösrückgang teilt sich gleichermaßen auf Preis- und Absatzrückgänge auf. Das liegt zum einen an der normalisierten Angebotslage – Knappheiten hatten Bayer im Vorjahr noch Windfall Profits beschert. Zum anderen fällt die Nachfrage geringer aus, weil Zwischenhändler ihre Lager abbauen.

Kampflos wollen die Leverkusener den Anbietern generischer Glyphosatprodukte aus China das Feld jedoch nicht überlassen. Strategische Zielsetzung sei es, den globalen Marktanteil von 40% zu halten. Das Ganze auf einem Preisniveau, das über dem der Nachahmerprodukte liegt. So steht es in der Investorenpräsentation. Dass bei der Produktion auf Kostendisziplin gesetzt wird, versteht sich von selbst. Denn auch die inflationsbedingt höheren Herstellkosten belasteten das Ergebnis.

Das alles schlägt sich in der Kapitalflussrechnung nieder. Im ersten Halbjahr belief sich der freie Cashflow auf −4,6 Mrd. Euro. Um die revidierte Prognose zu erreichen, muss in der zweiten Jahreshälfte ein vergleichbarer Betrag zufließen. Der fehlende Cashflow wirkt sich natürlich auch auf die Nettoverschuldung aus, für die zum Jahresende ein Wert von 36 Mrd. Euro veranschlagt wird. Nicht grundlos beeilt sich Bayer zu versichern, dass diese Entwicklung keinerlei Einfluss auf die Dividendenzahlung haben soll. Es bleibt dabei: Ausgeschüttet werden 30 bis 40% des bereinigten Ergebnisses je Aktie, das sich nach der Prognoserevision auf 6,20 bis 6,40 Euro belaufen soll.

Mit welchem Geld die Dividende finanziert werden soll, bleibt offen. Den Investoren scheint das inzwischen egal zu sein. Zumindest hat das Versprechen von Finanzchef Wolfgang Nickl ein kleines Kurswunder bewirkt: Die zuvor gefallene Aktie drehte im Analystencall in positives Terrain.

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