Italienische Selfmademan

Underdog kauft Carrefour-Märkte in Italien

Mit der Übernahme von Carrefour ist NewPrinces von Chairman Angelo Mastrolia nun nicht mehr „nur“ Produzent von Lebensmitteln sondern kontrolliert auch eine große Einzelhandelskette.

Underdog kauft Carrefour-Märkte in Italien

Mastrolia schmiedet großen Handelskonzern in Italien

bl Mailand

Mit der Übernahme der 1185 italienischen Filialen der französischen Handelskette Carrefour ist Angelo Mastrolia plötzlich ins Licht der Öffentlichkeit getreten. Bisher kannten den 1964 im süditalienischen Salerno geborenen Selfmademan selbst in seiner Heimat nur Eingeweihte. Dabei steht er als Chairman an der Spitze des börsennotierten Konzerns NewPrinces (früher Newlat) mit Sitz in Reggio Emilia, der 2024 auf einen Umsatz von 2,8 Mrd. Euro kam. Mastrolias Familie kontrolliert 55,5% des Kapitals und 68,45% der Stimmrechte des Unternehmens, dessen CEO Angelo Mastrolias Sohn Giuseppe ist.

Mit der Akquisition, die den Carrefour-Italia-Unternehmenswert auf 1 Mrd. Euro taxiert, dessen Eigenkapitalwert jedoch unter Berücksichtigung von Sonderfaktoren wie Investitionszusagen des Alteigentümers bei 1 Euro liegt, hat Mastrolia einen großen Coup gelandet. Er selbst spricht von „einer der größten strategischen Operationen in Europas Handelslandschaft“. Ähnlich etwa wie die Schweizer Migros kann seine Gruppe nun ihre Vielzahl von eigenen Produkten in einer eigenen Handelskette verkaufen. Mastrolia  spricht von einer vertikalen Integration aus Produktion und Vertrieb. Der neue Konzern kommt mit den Erlösen von Carrefour Italien von 3,7 Mrd. Euro auf einen Umsatz von 6,9 Mrd. Euro. Die Carrefour-Märkte werden künftig unter dem Namen GS geführt.

Auch Birkel dabei

Diese Entwicklung konnte kaum jemand erahnen, als der Jurist in den elterlichen Betrieb, einen Produzenten von Milchprodukten, einstieg. Seine Strategie: Er erwarb nach und nach Unternehmen in der Krise zu günstigen Preisen und sanierte sie. Inzwischen kontrolliert er fast 30 Marken in den Bereichen Getränke, Milchprodukte, Nudeln, Desserts, Kinderernährung, Konserven (Fisch, Tomaten) und Backwaren. Zum Markenportfolio gehören der Pasta-Hersteller Delverde, Buitoni, Polenghi, die drittgrößte italienische Molkereigruppe Centrale del Latte Italia, aber auch Birkel und Drei Glocken. Der Erwerb von Newlat aus der insolventen Parmalat-Gruppe hatte ihn einst in eine neue Größenordnung gehievt. Seit 2019 ist Newlat bzw. NewPrinces im Star Segment der Mailänder Börse notiert. Der Börsenwert beläuft sich auf 1,1 Mrd. Euro. Seit April 2024 hat sich der Kurs vervierfacht.

Vor dem Carrefour-Italia-Kauf erwarb Mastrolia von Diageo ein Cinzano-Werk und, von Mitsubishi, für 941 Mill. Dollar, den britischen Lebensmittelriesen Princes. Es folgte die Umbenennung von Newlat in NewPrinces. Im vergangenen Jahr kaufte Mastrolia von Kraft Heinz deren Babynahrungssparte Plasmon. Mastrolia ist mit NewPrinces nun die Nummer zwei in Italiens Handelslandschaft und hat 31 Produktionsstandorte, hauptsächlich in Italien, aber etwa auch in Großbritannien, Frankreich und Deutschland (Mannheim).

Börse London im Visier

Sein Aufstieg erinnert an den süditalienischen Unternehmer Gianluigi Aponte, der aus dem Nichts einen weltweit führenden Reederei-, Kreuzfahrt- und Verkehrskonzern (MSC, NTV etc) geschaffen hat. Mastrolia hat noch lange nicht genug. Er denkt an weitere Akquisitionen, etwa in den Bereichen Logistik und Packaging. Zunächst aber will er mit seiner neuen Handelsmacht die Belieferung der Privat-Haushalte und des Hotels- und Restaurantgewerbes ausbauen. Und: Er sondiert für den Herbst eine Notierung an der Börse in London.