Vor welchen Herausforderungen der neue Eutelsat-Chef steht
Die Herausforderungen des neuen Eutelsat-Chefs
Von Gesche Wüpper, Paris
Es ist ein Unternehmen, das strategisch immer mehr Bedeutung für Europas Bestreben gewinnt, eine eigene, unabhängige Satellitenkommunikation zu haben. Doch Eutelsat schreibt rote Zahlen. Die Herausforderungen, vor denen der Satellitenbetreiber steht, sind enorm. Der Verwaltungsrat des französisch-britischen Unternehmens hat deshalb gerade die Führung ausgetauscht. Jean-François Fallacher, bisher Frankreich-Chef von Orange, hat Eva Berneke abgelöst.
Eutelsat nach der Übernahme von OneWeb zurück in die Gewinnzone zu bringen, gehört zu Fallachers wichtigsten Aufgaben. Vor allem aber soll der Absolvent der Ingenieurshochschulen École Polytechnique und École Nationale Supérieure des Télécommunications de Paris dabei helfen, OneWeb und die geplante europäische Satellitenkonstellation Iris² als Konkurrenten zu Elon Musks Starlink und Amazons Kuyper zu etablieren.
Angst um Iris²
Die Zeit drängt, da beide einen deutlichen Vorsprung haben, allen voran Starlink. Während Starlink bereits rund 7.000 Satelliten im All hat, kommt Eutelsat gerade mal auf etwas über 600 Satelliten in niedriger Umlaufbahn. Doch der von US-Präsident Donald Trump angezettelte Handelskrieg und die umstrittene Rolle Musks in seiner Regierung, die der Tesla-Gründer bis vor kurzem innehatte, könnten die Vorzeichen ändern, meinen Branchenkenner. Die Drohung, die Signale von Starlink für die Ukraine zu kappen, habe Regierungschefs vor Augen geführt, wie wichtig es für Europa sei, in dem Bereich unabhängig zu sein.
Satellitennetzwerke seien zu Grundpfeilern der globalen Konnektivität geworden, sagt Fallacher. Und das in einem Umfeld, das geprägt sei von einer sich mit einer nie gekannten Geschwindigkeit entwickelnden Technologie und einer komplexer werdenden geopolitischen Situation. Der französische Staat habe zuletzt den Eindruck gehabt, Eutelsat könnte wegen seiner finanziellen Probleme zu einer Schwachstelle von Iris² werden, berichtet „La Tribune“. Frankreich hält über BPIFrance 13,6% an Eutelsat.
Interesse von Regierungen
Fallacher als neuer Generaldirektor könnte auch für Investoren ein positives Signal senden. Immerhin hat die Eutelsat-Aktie auf Jahressicht rund 26% an Wert eingebüßt. Der Satellitenbetreiber hat seinen Aktionären keine Dividende mehr gezahlt, seit er 2023 die Kontrolle über OneWeb übernommen hat. In den ersten sechs Monaten des Ende Juni endenden Geschäftsjahres hat er bei einem Umsatz von 606 Mill. Euro einen Nettoverlust von 873 Mill. Euro verbucht. Angesichts des hohen Investitionsbedarfs wird bereits über eine Kapitalerhöhung spekuliert.
Die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine hätten vor Augen geführt, welch entscheidende Rolle Verbindungen über Satelliten in Konfliktzonen hätten, betont der Satellitenbetreiber. Eutelsat sei der einzige europäische Betreiber, der über ein Netzwerk in niedriger Umlaufbahn verfüge, um sichere und zuverlässige Verbindungen zu liefern. Man spreche jetzt mit europäischen und nichteuropäischen Regierungen über Satellitenkonstellationen, erklärte Finanzchef Christophe Caudrelier. Doch es brauche Zeit, neue Aufträge abzuschließen.
Pakt mit Telekomanbieter
Dazu könnten Aufträge für Streitkräfte kommen, heißt es in Paris. Hätten diese lange Zeit nur militärische Satelliten nutzen wollen, sei dies angesichts des stark angestiegenen Konnektivitätsbedarfs nicht mehr möglich, meint Serge Cholley, der bei Eutelsat für Sicherheit und Verteidigung zuständig ist. In Zukunft müssten sich Streitkräfte deshalb auch an private Anbieter wenden. Die französische Armee hat bereits Tests durchgeführt, das Signal von OneWeb für gesicherte Verbindungen zu nutzen.
Um im Wettkampf mit Starlink bestehen zu können, brauche Eutelsat einen starken Partner aus der Telekombranche, so Beobachter. Deshalb hat die Berufung Fallachers strategische Bedeutung. Er hat seine gesamte Karriere bei Orange gemacht. Eutelsat hat mit dem Telekomriesen gerade eine strategische Allianz für Afrika und den Nahen Osten besiegelt.
Fallacher hat in den 1990ern zunächst in der Forschung und im Vertrieb von Orange gearbeitet, bevor er zur Internet-Tochter Wanadoo in die Niederlande wechselte. Nach Jahren an der Spitze der Orange-Tochter Sofrecom, einer Unternehmensberatung, war er Chef von Orange in Rumänien, Polen und Spanien.