Alain Caparros 60
ab – Alain Caparros, der am 17. September sein 60. Lebensjahr vollendet und gefühlt seit Urzeiten an der Spitze der Rewe-Gruppe steht – tatsächlich aber erst seit 2006 -, pflegt einen unkonventionellen Managerstil. Tritt er vor größerem Publikum auf, bekommt sein Redenschreiber nicht selten feuchte Hände, hält sich der in Algerien geborene Franzose doch so gut wie nie an das Manuskript. Flapsige Bemerkungen, die bisweilen verletzend auf den Angesprochenen wirken, sind sozusagen sein Markenzeichen. Damit macht sich der Klartexter nicht immer und überall Freunde. Fest steht umgekehrt, dass in seiner Umgebung nie Langeweile aufkommt, verfügt Caparros doch zweifelsohne über die Qualitäten eines Entertainers.Derzeit geht es in der Auseinandersetzung um die umstrittene Ministererlaubnis zur Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka zur Sache. Neben dem rein sachlichen Streit, der längst vor Gericht ausgetragen wird, scheint Caparros auch persönlich gekränkt zu sein, hat Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub das Übernahmeangebot von Rewe doch nie ernsthaft als alternative Lösung in Erwägung gezogen. “Herr Haub, die Zeit der Sonnenkönige ist vorbei. Treten Sie ab!”, soll Caparros jüngst im Beisein von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) skandiert haben. Zwar wird solchen Äußerungen, wenn sie mit verniedlichendem französischen Akzent vorgetragen werden, ein wenig die Schärfe genommen; inhaltlich sind sie eines Vorstandschefs jedoch unwürdig. Ganz abgesehen davon, dass das Rewe-Gebot nicht geeignet schien, die Bedenken des Kartellamts aus dem Weg zu räumen.Hatte der Jubilar vor Jahren selbst propagiert “mit 60 ist Schluss”, ließ er sich im März 2014 sehr vorzeitig bis Ende 2018 in die Pflicht nehmen. Hintergrund ist, dass Caparros die von ihm initiierte Strukturreform der Gruppe selbst zu Ende bringen möchte. Konkret ist die Aufteilung in zwei Bereiche – Handel international und Handel national – ins Auge gefasst, darunter sollen die einzelnen Vertriebslinien angesiedelt werden. Caparros’ größte Errungenschaft aber ist, dass er es schaffte, die zerstrittene Gruppe mit Regiebetrieben auf der einen und selbständigen Kaufleuten auf der anderen Seite zu befrieden.