Allein auf weiter Flur
Von Bernd Neubacher, Frankfurt
Am Ende ist für BaFin-Präsident Felix Hufeld im Fall Wirecard ein bisschen zu viel zusammengekommen, um sich im Amt zu halten. Eine Einstufung des Aschheimer Zahlungsdienstleisters als Technologie- und nicht als Finanzkonzern, was es Wirecard erleichterte, unter dem Radar der Bankenaufseher zu fliegen, ein Verbot von Leerverkäufen auf Basis womöglich fingierter Indizien, das letztlich mutmaßlichen Betrügern zupass kam und kritische Geister ins Abseits stellte. Und immer wieder Berichte über lustig mit Wirecard-Aktien spekulierende BaFin-Beschäftigte. Dass die Behörde einen ihrer eigenen Mitarbeiter am Donnerstag wegen des Verdachts auf Insiderhandel anzeigte, soll dann angeblich den Ausschlag dafür gegeben haben, dass Hufeld nun seinen Hut nehmen musste.
Tatsächlich dürfte seine Ablösung schon länger festgestanden haben. Der Zeitpunkt am Freitag aber ist aus Berliner Sicht perfekt gewählt. Wäre die Entscheidung früher gefallen, hätten womöglich Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) oder sein Staatssekretär Jörg Kukies und nicht vor allem Hufeld die öffentliche Empörung abbekommen. Hätte man länger gewartet, wäre der Ruf nach personellen Konsequenzen zum Wahlkampfthema mutiert. Womöglich war der Anfang vom Ende von Hufelds Amtszeit bereits im Juni vergangenen Jahres zu beobachten. Damals äußerte sich der BaFin-Präsident durchaus selbstkritisch, bezeichnete den Kollaps der Gesellschaft und die ihn umwehenden Umstände auf einer Konferenz als „komplettes Desaster“ – und durfte sich damit fortan allein auf weiter Flur stehen sehen. Denn alle anderen Parteien, die ihr Scherflein zum Wirtschaftsskandal beigetragen haben, waschen seither reihenweise ihre Hände in Unschuld, schützen Verschwiegenheitspflichten vor oder stellen sich gleich ganz tot.
Der nach sechs Jahren vom Amt entbundene BaFin-Präsident, Jurist und einst hoffnungsvolle Nachwuchs-Cellist weiß selbst: Wenn der Ruf nach personellen Konsequenzen anschwillt, gewinnt man keinen Popularitätspreis, wenn man öffentlich Überlegungen etwa zu den Verschränkungen des Kreditwesengesetzes und der EU-Eigenkapitalverordnung bei der aufsichtlichen Betrachtung von Unternehmen wie Wirecard anstellt. Auch dann nicht, wenn deren Resultat neben der BaFin im Übrigen auch die Deutsche Bundesbank und die Europäische Zentralbank mittrugen. Und ein Präsident wird auch dafür bezahlt, die Verantwortung zu übernehmen, wenn es so weit ist.
So zusehends geschwächt wirkend Hufeld zuletzt für Fernseh-Zuschauer herübergekommen sein mag, wenn sein Bild in den Nachrichten zu Meldungen über den Skandal eingeblendet worden ist: Mit dem 59-Jährigen geht in Bonn ein Präsident von Bord, der nicht nur intern, sondern auch bei Kunden der Behörde hohes Ansehen genossen hat, zum einen, weil er, wie berichtet wird, Druck abfing, anstatt ihn ungefiltert weiterzugeben. Zum anderen, weil der ehemalige Unternehmensberater manchmal selbst kurz davor schien, angesichts des Aspirationsniveaus und auch der technischen Ausstattung der von ihm geleiteten Bundesanstalt ins Hadern zu geraten.