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Anklage gegen Renault-Chef Ghosn steht bevor

Von Martin Fritz, Tokio Börsen-Zeitung, 8.12.2018 Gegen Carlos Ghosn (64), den Vorsitzenden des Verwaltungsrats von Renault sowie Chef der Autobauerallianz von Renault, Nissan und Mitsubishi Motors, wird japanischen Medienberichten zufolge am...

Anklage gegen Renault-Chef Ghosn steht bevor

Von Martin Fritz, TokioGegen Carlos Ghosn (64), den Vorsitzenden des Verwaltungsrats von Renault sowie Chef der Autobauerallianz von Renault, Nissan und Mitsubishi Motors, wird japanischen Medienberichten zufolge am Montag Anklage wegen Verstoßes gegen den Financial Instruments and Exchange Act erhoben. Auch die rechte Hand von Ghosn, der US-Amerikaner Greg Kelly, soll deswegen vor Gericht gestellt werden.Die Staatsanwaltschaft will Ghosn dafür belangen, in den Nissan-Jahresberichten von 2010 bis 2015 an die Tokioter Börse insgesamt 5 Mrd. Yen (39 Mill. Euro) an Einkommen nicht angegeben zu haben. Mit dem Geld sollte Ghosn nach seinem Ausscheiden bei Nissan dafür entlohnt werden, dass er als Berater bereitstehen und für keinen Wettbewerber arbeiten würde.Die Anklage bedeutet nichts Gutes. In Japan werden 99,97 % der Angeklagten verurteilt, weil fast immer ein Geständnis vorliegt. Das scheint auch bei Ghosn der Fall zu sein. Laut der Nachrichtenagentur Kyodo gab der Franzose zu, dass er Papiere für aufgeschobene Gehaltszahlungen unterzeichnet hat. Zwar argumentiert Ghosn wohl damit, dass Nissan diese Zahlungen nicht berichten musste, weil die Summe noch nicht festgelegt sei. Aber die Anklagebehörde hat angeblich Unterlagen gefunden, wonach Ghosn jährlich 1 Mrd. Yen (7,8 Mrd. Euro) erhielt und später pro Jahr jeweils 1 Mrd. Yen extra bekommen sollte.Die Aufteilung scheint kein Zufall zu sein. Bis zum Jahr 2009 hatte Ghosn bei Nissan offenbar 2 Mrd. Yen jährlich erhalten. Damit war er mit großem Abstand der höchstbezahlte Manager in Japan. Als die Tokioter Börse allen Unternehmen ab 2010 vorschrieb, die Manager mit mehr als 100 Mill. Yen (781 000 Euro) Einkommen namentlich zu nennen, wollte Ghosn aus Sorge vor Aktionärskritik sein offizielles Einkommen auf rund 1 Mrd. Yen begrenzen. Deswegen beschloss er, die andere Hälfte in die Zukunft zu verschieben.Dies war nur möglich, weil Ghosn bei Nissan nach Belieben schalten und walten konnte. Er setzte die Einkommen der Verwaltungsräte selbst fest. Dafür gab es jedoch einen Deckel von 3 Mrd. Yen, was für seinen Gehaltswunsch ohnehin nicht mehr reichte. Es gab kein Komitee für die Entlohnung des Vorstandes und bis April 2018 keine unabhängigen Direktoren. In diesem Zusammenhang wird es angeblich auch eine Anklage von Nissan geben. Das mindert die Chancen von Nissan-CEO Hiroto Saikawa, Nachfolger des abgesetzten Ghosn als Vorsitzender des Verwaltungsrats zu werden. Saikawa soll Dokumente zur Verschiebung von Zahlungen an Ghosn persönlich unterzeichnet haben.