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Appelhoff steuert Home24 in Gewinnzone

Von Helmut Kipp, Frankfurt Börsen-Zeitung, 4.11.2020 Der Höhenflug nach dem Börsengang im Juni 2018 war kurz, der Kursabsturz lang und bitter. Als die Aktie von Home24 im März 2020 ihr bisheriges Tief von 2,56 Euro erreichte, waren 89 % des...

Appelhoff steuert Home24 in Gewinnzone

Von Helmut Kipp, FrankfurtDer Höhenflug nach dem Börsengang im Juni 2018 war kurz, der Kursabsturz lang und bitter. Als die Aktie von Home24 im März 2020 ihr bisheriges Tief von 2,56 Euro erreichte, waren 89 % des IPO-Preises verpufft. Der Börsenwert war auf weniger als 70 Mill. Euro kollabiert. Fürwahr eine desaströse Zwischenbilanz. Doch mittlerweile sieht die Performance wieder freundlicher aus. Die Aktie des Online-Möbelverkäufers erlebt, angeschoben von der Verlagerung der Konsumnachfrage ins Internet, ein bemerkenswertes Comeback. Derzeit notiert das Wertpapier wieder bei 16 Euro.Der Kursaufschwung signalisiert: Das 2009 gegründete Unternehmen hat sich nach zwischenzeitlichen Rückschlägen stabilisiert. Für CEO Marc Appelhoff hat sich damit die Lage entspannt. Während der Krisenmonate war dem im August 1978 geborenen Manager, ohnehin kein Mann großer Worte, der Druck durchaus anzumerken.Der Aufschwung ist zum erheblichen Teil dem coronabedingten Schub für den Onlinehandel zu verdanken. Doch zeichnete sich die Wende zum Besseren bereits vor Ausbruch der Pandemie ab: Das vierte Quartal 2019 war das erste mit operativ schwarzen Zahlen. “Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht”, versichert Appelhoff.Ins dritte Quartal, das normalerweise eher schwach ausfällt, ist Home24 mit einem komfortablen Polster an Bestellungen gestartet. Denn im Vorquartal kamen viele Aufträge herein, die nicht mehr ausgeliefert werden konnten. Dieser Umsatz hat sich ins dritte Jahresviertel verschoben, über das der Konzern am kommenden Dienstagabend berichten will.Per Ende Juni erreichte Home24 aufgrund des kräftigen Margenanstiegs im zweiten Quartal erstmals über einen Zeitraum von zwölf Monaten ein ausgeglichenes operatives Ergebnis, bezogen auf das um Sondereinflüsse bereinigte Resultat vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Für Appelhoff ein Beleg für die “strukturelle Profitabilität des Geschäftsmodells”. Endlich kommen die erhofften Skaleneffekte zum Tragen, die sich in den – in Relation zum Umsatz – rückläufigen Marketing- und Verwaltungsaufwendungen zeigen. Zudem zahlen sich die Investitionen in das Warenwirtschaftssystem und in neue Logistikstandorte zunehmend aus.Appelhoff studierte BWL an der Privatuni WHU, einer Managerschmiede in Deutschland, an der auch etliche andere Gründer Studienjahre verbracht haben. Zunächst arbeitete der Sohn eines früheren Karstadt-Vorstands als Berater bei Boston Consulting und bei der Private-Equity-Gesellschaft Cinven, ehe er die Möbelmarke Fashion for Home startete. Anlass war nach eigenem Bekunden sein Frust darüber, dass er beim Umzug nach Berlin in einem großen Möbelhaus kaum etwas fand, das seinem Geschmack und seinen Preisvorstellungen entsprach. Der mit seinem Kompagnon Christoph Cordes 2009 gegründete Möbelshop ging später in Home24 auf, so dass Appelhoff seit 2016 als Co-CEO von Home24 fungierte. Aufstieg zum VorstandschefMit Beginn des laufenden Jahres stieg der Borussia-Dortmund-Fan zum Vorstandschef auf, während sein Kumpel Cordes, Sohn des früheren Daimler-Vorstands und Metro-Chefs Eckhard Cordes, zu neuen Ufern aufbrach. Zuvor hatte bereits Home24-Mitgründer Philipp Kreibohm das Unternehmen verlassen. Appelhoff ist für Finanzen, Marketing und Vertrieb verantwortlich. Seine Berufung zum Vorstandsvorsitzenden bedeutete zugleich den Abschied vom Führungsmodell mit mehreren Co-CEOs.Der zwischenzeitliche Kursverfall deutet darauf hin, dass der Börsengang für den vom Sart-up-Finanzierer Rocket Internet hochgezogenen Möbelversender reichlich früh kam. Der heiße Sommer 2018 reichte, um die Wachstumsprognose dahinschmelzen zu lassen. Obendrein klemmte es bei der Einführung eines neuen ERP-Systems, so dass Bestellungen verzögert ausgeliefert wurden. Weiteres Porzellan zerschlug Rocket Internet: Der Großaktionär verkaufte in die Kursschwäche hinein Home24-Anteile und untergrub damit das Vertrauen von Investoren. Die Berliner Beteiligungsgesellschaft hält noch 7,8 % der Aktien. Home24 betreibt ihr Geschäft in sieben europäischen Märkten und darüber hinaus in Brasilien. Dank der operativen Fortschritte wurde der Cash-Abfluss gestoppt. Ende Juni konnte Home24 auf 47 Mill. Euro liquide Mittel zurückgreifen, was 27 % des IPO-Erlöses entspricht.