Badener Meisterstücke für Dürr
Von Gerhard Bläske, StuttgartMit der Übernahme des Holzmaschinenbauers Homag hat Dürr-Chef Ralf Dieter (Jahrgang 1961) sein Meisterstück abgeliefert. Vor der Akquisition war es ihm gelungen, die zerstrittenen Homag-Aktionäre zu befrieden und sich den renommierten Maschinenbauer dann zu einem attraktiven Preis einzuverleiben. Das soll aber noch nicht das Ende gewesen sein. Dieter könnte sich vorstellen, dass Dürr gewissermaßen das Dach für weitere Maschinenbauer im Ländle werden könnte. Er sei offen für weitere Akquisitionen, sagt der Mann, dessen Gesellenstück einst die Sanierung der Konzerngesellschaft Schenck war. Auch eine Übernahme des Flugzeugzulieferers Broetje, an den kürzlich das zu kleine Flugzeugtechnikgeschäft gegen eine Beteiligung veräußert wurde, kann sich Dieter “zu einem späteren Zeitpunkt” durchaus vorstellen.Dieter, der nach seinem Amtsantritt als Dürr-Chef 2005 die Diversifizierung zurückgedreht, das Unternehmen auf den Autosektor fokussiert sowie die Internationalisierung vorangetrieben hatte, expandiert nun wieder in andere Bereiche. Im Automobilsektor, in dem der Lackieranlagenspezialist 80 % seiner Erlöse erzielt, sieht er angesichts von Weltmarktanteilen um die 40 % nur noch begrenzte Wachstumsmöglichkeiten. Viele Kunden wollten nicht allein auf einen Anbieter setzen. Dürr geht deshalb in “verwandte” Bereiche, bleibe aber im Maschinenbau.Der zu 28,5 % von der Familie und ihrer Stiftung kontrollierte MDax-Konzern hat unter dem gebürtigen Baden-Badener eine sehr geradlinige und konstante Richtung eingeschlagen. Zwar bleibt der Umsatz 2014 trotz eines Orderplus von 30 % und eines Rekordauftragsbestandes von 2,5 Mrd. Euro am unteren Ende der ursprünglichen Erwartungen. Doch das ficht Dieter, der einen langfristigen Kurs steuert, nicht über die Maßen an. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) und der Jahresüberschuss steigen deutlich, und die Marge von voraussichtlich 9 (i.V. 8,4) % kann sich mehr als sehen lassen. Die geschäftlichen Impulse kommen vor allem aus China, wo Dürr kräftig investiert, und aus den USA sowie aus dem margenstarken Servicegeschäft.Dieter wurde schon öfters für höhere Aufgaben auch in Dax-Konzernen gehandelt. Doch der verheiratete Manager, der gut mit Großaktionär Heinz Dürr “kann”, fühlt sich wohl im Unternehmen und auch im Schwäbischen. Das ist für einen Badener nicht selbstverständlich. Im persönlichen Gespräch wirkt er offen. Auch wegen seiner Verlässlichkeit und seiner schwäbisch zurückhaltenden Prognosen hat sich der Volkswirt, der nach Stationen bei der DAT AG in Ratingen, in Stuttgart, in Paris bei IBM, in Aalen und in Darmstadt schließlich zu Dürr nach Bietigheim-Bissingen kam, einen guten Ruf erworben. Solide finanziertDas Unternehmen steht auch finanziell solide da. Die Homag-Übernahme für 228 Mill. Euro kann aus eigenen Mitteln finanziert werden. Mit der vorzeitigen Kündigung einer Anleihe und der Ausgabe neuer Bonds stellte Dieter auf der Finanzierungsseite außerdem günstigere Bedingungen sicher. Doch der Dürr-Chef betreibt auch Vorsorge für die Zukunft. Die Mittel für Forschung und Entwicklung wurden 2014 deutlich aufgestockt. Dass Dürr etwa in China teilweise kopiert werde, motiviere ihn eher, sagt er lächelnd.