Bernd Osterloh 60
ste – Als mächtigster Betriebsrat Deutschlands ist der selbstbewusst auftretende Gewerkschafter tituliert worden. Der Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats gehört nicht nur dem Kontrollgremium an, sondern auch dem mächtigen Aufsichtsratspräsidium – dem engsten Machtzirkel im Wolfsburger Zwölfmarkenreich. Bei Volkswagen zählt Bernd Osterloh zu den einflussreichsten Personen, was nicht zuletzt auf die starke Mitbestimmung in dem Dax-Unternehmen sowie auf die Rolle des an Arbeitsplatzsicherung interessierten Großaktionärs Niedersachsen zurückzuführen ist. “Der Glatzkopf Osterloh ist nichts ohne euch”, rief er einst im Ringen zwischen Porsche und VW 2008 den Beschäftigten zu.2015 war er als Personalvorstand bei VW im Gespräch, doch Osterloh blieb an der Spitze der Arbeitnehmervertretung. Auf diesem Posten ist er nun möglicherweise so stark gefordert wie nie. Denn die Jahre des vor einem Jahr über die Dieselabgasaffäre gestürzten Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn waren vergleichsweise angenehme Wachstumsjahre. Von 2007 bis 2015 stiegen nicht nur die Fahrzeugauslieferungen um 4 Millionen auf erstmals über 10 Millionen. Der Konzernumsatz verdoppelte sich annähernd auf mehr als 200 Mrd. Euro, es wurden 140 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Um die Zukunft der heute mehr als 600 000 Konzernbeschäftigten muss Osterloh jetzt, wo noch nicht zu beziffernde Milliardenlasten als Folge der Abgasaffäre auf Volkswagen zukommen, wo es Renditeschwächen in wichtigen Konzernteilen zu beheben gilt und wo sich das Unternehmen auf die Ära der Elektrofahrzeuge und neuer Mobilitätsdienstleistungen einstellen will, wohl mehr denn je kämpfen.Schon 2014, als der Konzern noch in der Winterkorn-Ära auf die unterdurchschnittliche Ertragskraft der Kernmarke VW Pkw mit einem Effizienzprogramm reagierte, das bis 2017 zu einem nachhaltigen Ergebniseffekt von 5 Mrd. Euro jährlich führen sollte, trat der Betriebsratschef mit einem 400 Seiten schweren Paket eigener Verbesserungsvorschläge der Belegschaft an den Vorstand heran. Der Konzern sollte auf die Dienste von Unternehmensberatern und ein – so Osterloh – “sinnfreies Köpfezählen in der Produktion” verzichten.Nicht zuletzt solche Initiativen haben Osterloh das Attribut des “Co-Managers” eingetragen. Er möge den Ausdruck nicht, sagte er der “Süddeutschen Zeitung”. Doch als Interessenwahrer der Arbeitnehmer bereitet der Familienvater und Fußball-Fan in diesen Wochen zentrale Weichenstellungen beim größten Autobauer Europas vor. Bis zum Herbst soll der “Zukunftspakt” stehen, der die Renditeprobleme der VW-Kernmarke ohne Einschnitte in die Stammbelegschaft beheben soll.1977 wechselte der Industriekaufmann zu Volkswagen, seit 2005 ist das Mitglied von IG Metall und SPD der oberste Arbeitnehmervertreter. Anzeichen von Amtsmüdigkeit ließ Osterloh bislang nicht erkennen. Er könne sich nach einer Wiederwahl 2018 eine weitere Amtszeit vorstellen. Am Montag, kurz vor dem ersten Jahrestag des Bekanntwerdens der Abgasaffäre am 18. September, vollendet der gebürtige Braunschweiger sein 60. Lebensjahr.