Adidas-Affäre

Bewährungsstrafe für Orange-Chef Richard

Ein Pariser Berufungsgericht hat Orange-Chef Stéphane Richard im Zusammenhang mit einem umstrittenen Schiedsspruch zum Weiterverkauf von Adidas zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung sowie einer Geldbuße von 50000 Euro verurteilt.

Bewährungsstrafe für Orange-Chef Richard

wü/Reuters

− Das Urteil ist gefallen, nachdem es Anfang Oktober wegen des Todes von Geschäftsmann Bernard Tapie verschoben worden war. Ein Pariser Berufungsgericht hat Orange-Chef Stéphane Richard im Zusammenhang mit einem umstrittenen Schiedsspruch zum Weiterverkauf von Adidas zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung sowie einer Geldbuße von 50000 Euro verurteilt. Ihm wird Mittäterschaft bei der Unterschlagung öffentlicher Gelder vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft hatte sogar eine Gefängnisstrafe von drei Jahren, davon zwei auf Bewährung, sowie eine Geldbuße von 100000 Euro gefordert.

Der gebürtige Bordelaiser war in erster Instanz freigesprochen worden. Er will das Urteil nun vor dem Kassationshof anfechten − und von seinem Amt als CEO bei Orange zurücktreten, wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Insider berichtet. Demnach werde der 60-Jährige am Mittwoch auf einer Vorstandssitzung seinen Rücktritt einreichen, hieß es von einer mit dem Vorgang vertrauen Person. Zwei weitere Insider sagten, dass Richard wahrscheinlich übergangsweise im Amt bleiben werde, während der staatlich kontrollierte Konzern einen neuen Vorstandschef sucht. Richard selbst wollte sich am Mittwoch zunächst nicht dazu äußern.

Die Justiz ist überzeugt, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist, als die französische Regierung 2008 ein Schiedsgericht eingesetzt hat, um die jahrelangen Streitereien zwischen Tapie und seiner früheren Hausbank Crédit Lyonnais wegen des Verkaufs von Adidas zu beenden. Richard, der seit 2010 an der Spitze von Orange steht, war seinerzeit Büroleiter von Christine Lagarde, die das umstrittene Schiedsgericht während ihrer Amtszeit als Wirtschaftsministerin eingesetzt hatte. Es hatte Tapie einen Schadenersatz von 403 Mill. Euro zugesprochen.

Später wurde die Entscheidung annulliert und ein Berufungsgericht entschied, dass Tapie das Geld zurückzahlen musste. Zudem wurden Ermittlungen eingeleitet, ob bei dem umstrittenen Schiedsgericht alles korrekt verlaufen war. „Stéphane Richard hat selber mit Herrn Tapie verhandelt, um schnell eine Schiedseinigung unterzeichnen zu können, bei der der Crédit Lyonnais definitiv ausgeschlossen wurde“, erklärte die vorsitzende Richterin Sophie Clément jetzt bei der Urteilsverkündung. Richard habe schwerwiegende Taten begangen, da er die Interessen Tapies über die des Staates gestellt habe. Dies habe die Verwaltung diskreditiert und so zur Schwächung des Staates beigetragen. Die Taten seien wiederholt und vorsätzlich begangen worden.

„Die Anschuldigung der Mittäterschaft bei der Unterschlagung öffentlicher Gelder entbehrt jeglicher Grundlage und basiert auf keinem Beweis“, schreibt Richard in einer Erklärung, die er „Le Monde“ zukommen ließ. Er habe nur die Anweisungen der ministerlichen Entscheidung ausgeführt, ein Schiedsgericht einzusetzen.

Die damalige Wirtschaftsministerin und jetzige EZB-Chefin Lagarde war 2016 vom Gerichtshof der Republik in Paris im Zusammenhang mit der Tapie-Affäre für schuldig befunden worden, in der Schiedsgerichtsaffäre fahrlässig gehandelt zu haben. Ihr wurde vorgeworfen, keinen Einspruch gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts eingelegt zu haben. Lagarde wurde jedoch nicht mit einer Strafe belegt, so dass sie trotz des Urteils Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) bleiben konnte.

Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hatte während des Prozesses gegen Tapie und Richard in erster Instanz deutlich gemacht, dass die Regierung den Richard zum Rücktritt gedrängt hätte, wäre er verurteilt worden. Der Staat hält zusammen mit der staatlichen Investmentbank Bpifrance 23 % des Orange-Kapitals.

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