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Bill McNabb steht für nüchterne Sachlichkeit

Von Björn Godenrath, Frankfurt Börsen-Zeitung, 6.5.2015 Keine andere Fondsgesellschaft hat so stark vom Aderlass bei Pimco profitiert wie der US-Konkurrent Vanguard. Und zum Wochenanfang war es dann so weit, dass es in der Kategorie...

Bill McNabb steht für nüchterne Sachlichkeit

Von Björn Godenrath, FrankfurtKeine andere Fondsgesellschaft hat so stark vom Aderlass bei Pimco profitiert wie der US-Konkurrent Vanguard. Und zum Wochenanfang war es dann so weit, dass es in der Kategorie “Flaggschifffonds” zu einer Wachablösung gekommen ist. Denn mit einem Volumen von nunmehr 117,3 Mrd. Dollar per Ende April zog der Vanguard Total Bond Market Index Fund am Pimco Total Return Fund vorbei. Der vereinigt nur noch 110,4 Mrd. Dollar auf sich, nachdem Anleger im April weitere 5,6 Mrd. Dollar aus dem Fonds der Allianz-Tochter abzogen.24 Monate in Folge musste der Total Return nun Mittelabflüsse hinnehmen, wobei die Assets under Management in der Spitze rund 293 Mrd. Euro betrugen. Das war im April 2014. Als Bill Gross im September bei Pimco ausschied, umfasste der Total Return noch 220 Mrd. Dollar. Dann ging es immer schneller bergab mit dem Vehikel, und nach 17 Jahren darf nun der Vanguard Total Bond Market Index den Titel als weltgrößter Anleihefonds für sich beanspruchen anstelle des Pimco-Fonds.Das ist keine Kleinigkeit in der auf Trophäen erpichten Assetmanagement-Industrie. Die Leisetreter von Vanguard benügten sich aber damit, der Presse nur einen kurzen Hinweis auf die April-Zahlen zuzuspielen und dann auf Nachfrage mit einem Statement nachzulegen, dass man “das hier nicht als Wettrennen betrachte”. Dieses betont sachliche Auftreten steht in Kontrast zum schrillen Stil des entthronten “Bond-Königs” Bill Gross. In große FußstapfenOberster Botschafter der nüchternen Sachlichkeit ist Vanguard Chairman und CEO Bill McNabb, der bei seinen öffentlichen Auftritten als abgeklärter Risikomanager daherkommt – das schafft Vertrauen bei der institutionellen Klientel. Der groß gewachsene, schlanke 57-Jährige kennt keinen anderen Arbeitgeber als die in Malvern, Philadelphia, ansässige Gesellschaft. Den Chefposten übernahm McNabb 2008 und trat damit in die großen Fußstapfen des vorigen CEO Jack Brennan sowie in die noch viel größeren Fußstapfen von Gründer Jack Bogle. Der ist eine Legende der Fondsindustrie, legte er doch 1976 mit dem Vanguard 500 Index Fund den ersten der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglichen Indexfonds auf. Bogle ist Pennsylvania treu geblieben, er und McNabb laufen sich des Öfteren beim Lunch in der Cafeteria über den Weg.McNabbs wichtigster Mann dieser Tage ist Joshua Barrickman, Senior Portfolio Manager des Total Bond Market Index. Der 39-Jährige kommt unauffällig daher – und gilt in der Branche als Gegenentwurf zum Zampano Gross. Barrickman soll nur einen Bruchteil der 200 Mill. Dollar verdienen, die Gross bei Pimco jährlich kassierte, sein Schreibtisch ist nicht opulenter als die der Kollegen im Handelssaal des Vanguard Campus. Und Barrickman beschränkt sich darauf, den Index nachzubilden, ohne der Welt mitzuteilen, wo der Markt seiner Meinung nach in zwölf Monaten steht. Nein, seine Leidenschaft gehört dem Bond Indexing.Und die Replizierung eines Index ist ein aktiver Job, muss doch täglich ein bestimmter Umschlag im über 9 000 Bonds umfassenden Portfolio vorgenommen werden, um den Tracking Error so gering wie möglich zu halten. Darin liegt eine gewisse, der Fondsbranche immanente Ironie: Der größte Anleihefonds der Welt ist eine Kopie eines anderen Indexfonds, des Barclays U. S. Aggregate Bond Index. Was das Vanguard-Produkt so besonders macht, ist neben der Index-Genauigkeit eine Kostenquote von lediglich 20 Basispunkten. Diese Effektivität zeichnet Vanguard aus.Für die Fondsindustrie manifestiert der Führungswechsel beim weltgrößten Anleihefonds einen generellen Trend weg von aktiven Strategien mit Wetten auf künftige Marktentwicklungen hin zu passiven Indexnachbildern, die ihre Leistung zu deutlich geringeren Kosten erbringen können – da rückt mitunter die Performance in den Hintergrund.In Deutschland ist die US-Gesellschaft nur indirekt präsent über ihre Schweizer und Londoner Dependancen, eine separate Vertriebsniederlassung gibt es noch nicht. Seit knapp drei Jahren besteht eine Vertriebsgenehmigung für europäische ETF von Vanguard. Hierzulande noch mehr auf die Beine zu stellen, das sollte für den am Dartmouth College zum Ruderteam gehörenden Bill McNabb doch eigentlich reizvoll sein. Denn auch auf dem Main lässt sich der Rudersport ganz wundervoll betreiben.