Boeing hofft auf Lobbyist in der US-Flugaufsicht
Von Stefan Paravicini, New YorkFür den US-Flugzeugbauer Boeing hängt jetzt vieles von Daniel Elwell ab. Denn der ehemalige Pilot der US-Luftwaffe steht seit Anfang des vergangenen Jahres als kommissarischer Leiter an der Spitze der US-Luftfahrtaufsicht FAA und ist unter anderem für die Zulassung von Passagierflugzeugen wie der 737 Max 8 für den amerikanischen Luftraum zuständig. Am Montagabend bekräftigt die Federal Aviation Authority (FAA), dass sie keine Zweifel an der Flugtauglichkeit des Mittelstreckenjets von Boeing habe.Mit dieser Einschätzung steht die Behörde allerdings ziemlich allein da, nachdem am Sonntag bereits das zweite Flugzeug dieses Typs innerhalb von nicht einmal einem halben Jahr abgestürzt ist. Die Europäische Luftfahrtaufsicht EASA verhängte für die 737 Max 8 am Dienstag bis auf Weiteres eine Sperre für den europäischen Luftraum und folgte damit Behörden in Australien und Singapur. Zuvor hatte die britische Luftfahrtaufsicht als erste europäische Behörde eine Sperre ausgesprochen, worauf unter anderem Deutschland und Frankreich gefolgt waren.Boeing-Chef Dennis Muilenburg, der fast 5 000 offene Bestellungen für die 737 Max 8 in den Auftragsbüchern hat und derzeit mehr als 50 Stück der Modellreihe pro Monat ausliefert, drohen nach den Sperren der European Union Aviation Safety Agency empfindliche Einbußen. Bis die Unfallursachen geklärt sind, dürfte der US-Flugzeugbauer Geschäft an den Konkurrenten Airbus verlieren, der mit der A320neo einen vergleichbaren Jet im Angebot hat. Der Börsenwert von Boeing, die im bisherigen Jahresverlauf zu den stärksten Blue Chips gehörte und ihre Marktkapitalisierung seit der Wahl von US-Präsident Donald Trump im November 2016 glatt verdreifacht hat, ist seit dem Unglück am vergangenen Wochenende um knapp 30 Mrd. Dollar zusammengeschrumpft.Wie es weitergeht, hängt nicht zuletzt von der FAA ab, die bereits seit dem ersten Unglück mit der 737 Max 8 im vergangenen Oktober gemeinsam mit Boeing die Sicherheit des Flugzeugs überprüft. Dennoch ist es der Behörde offensichtlich nicht gelungen, mit ihrer Aussendung vom Montagabend die Kollegen der EASA und anderer Aufseher zu beruhigen. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass mit Elwell ein langjähriger Branchenlobbyist an der Spitze der Aufsichtsbehörde steht. Vor seiner Berufung durch US-Präsident Trump war er von 2008 bis 2013 für die Aerospace Industries Association und ab 2013 bis 2015 für Airlines for America tätig. Zuvor hatte er auch als Managing Director für American Airlines in Washington, D.C., Stimmung gemacht. Air-Force-Pilot im Desert StormInsgesamt blickt Elwell auf mehr als 15 Jahre als Lobbyist für die Flugzeug- und Luftfahrtindustrie zurück, die er jetzt beaufsichtigt. Nachdem er seine Militärlaufbahn inklusive Flugeinsätzen im Rahmen von “Desert Storm” beendet hatte, war er als Pilot für American Airlines tätig. In die FAA wurde er erstmals 2006 berufen, wo er bis 2008 als Assistant Administrator für Politik, Planung und Umwelt zuständig war. Vor seiner Berufung an die Spitze der US-Luftfahrtaufsicht war er Senior Advisor von US-Verkehrsministerin Elaine Chao. Sie hätte auch im Falle einer Sperre für die 737 Max 8 für den US-Luftraum das letzte Wort, solange sich nicht der US-Präsident selbst in das Thema einschaltet.