Carlos Ghosn wieder hinter Gittern
mf – Erst am Mittwoch hatte Carlos Ghosn (65) angekündigt, bei einer Pressekonferenz am 11. April seine Unschuld zu beweisen. Das dürfte nun kaum passieren, da der Ex-Chef von Nissan und Renault seit Donnerstag wieder hinter Gittern sitzt. Eine Sondereinheit der Staatsanwaltschaft nahm Ghosn in seiner Tokioter Wohnung fest. In drei Tagen wird der Manager einem Richter vorgeführt. Dann drohen ihm bis zu 20 Tage in Untersuchungshaft und eine neue Anklage wegen schweren Vertrauensbruchs, nach deutschem Recht ist das Untreue.Nach der ersten Befragung teilten die Strafverfolger ihren Verdacht mit, der Manager habe Nissan einen Verlust von insgesamt 563 Mill. Yen (4,5 Mill. Euro) verursacht. Details wurden nicht mitgeteilt. Aber laut japanischen Presseberichten hat Ghosn als Nissan-Chef aus einem CEO-Sonderfonds zwischen 2015 und 2018 Geld für Marketing an einen Vertriebspartner in Oman überwiesen. Teile davon flossen an die Gesellschaft “Good Faith Investments”, die effektiv von Ghosn kontrolliert wurde. Die Gesellschaft soll eine Luxusjacht für seine Familie gekauft und ein Unternehmen seines Sohnes finanziert haben.Der Franzose wies die Anschuldigungen in einer persönlichen Erklärung zurück. Seine erneute Festnahme sei ungeheuerlich und willkürlich und der Versuch einiger Personen bei Nissan, ihn mundtot zu machen, indem man die Staatsanwälte irreführe. Ghosns japanischer Anwalt Junichiro Hironaka nannte die Festnahme vor Journalisten eine “Gewalttat” der Staatsanwälte.Die Strafverfolger werfen Ghosn bereits einen Verstoß gegen das Börsengesetz vor; er soll nicht sein ganzes Einkommen deklariert haben. Außerdem wurde eine doppelte Anklage wegen Untreue erhoben. Eine davon bezieht sich auf eine Zahlung an einen anderen Nissan-Partner im Nahen Osten. Anfang März war Ghosn nach dreieinhalb Monaten in Untersuchungshaft auf Kaution freigelassen worden. Daher sei die erneute Festnahme “extrem unangemessen”, kritisierte der Anwalt. Neue Vorwürfe gegen Ghosn kommen unterdessen aus Frankreich. Der Verwaltungsrat von Renault informierte nach seiner Sitzung am Mittwoch über “anfechtbare und versteckte Praktiken” von Ghosn während seiner Zeit als Unternehmenschef. Dabei geht es auch um eine Millionen-Zahlung von Renault an denselben Vertriebspartner im Oman.