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Chef von 3M will Wunden mit größtem Zukauf heilen

Von Stefan Paravicini, New York Börsen-Zeitung, 4.5.2019 Das US-Konglomerat 3M, das weltweit rund 60 000 Produkte und alles von selbstklebenden Notizzetteln bis zum Schleifpapier vertreibt, die mit mehr als 90 000 Mitarbeiter in rund 70 Ländern...

Chef von 3M will Wunden mit größtem Zukauf heilen

Von Stefan Paravicini, New YorkDas US-Konglomerat 3M, das weltweit rund 60 000 Produkte und alles von selbstklebenden Notizzetteln bis zum Schleifpapier vertreibt, die mit mehr als 90 000 Mitarbeiter in rund 70 Ländern produziert werden, ist mit dem neuen CEO Mike Roman schlecht in das neue Jahr gestartet. Wegen Schwächen im Geschäft mit der Elektronikindustrie und der Automobilbranche sowie mauen Aussichten in Asien hat der Konzern zum Auftakt die Erwartungen enttäuscht und zum wiederholten Mal die Prognose für das Gesamtjahr gekappt (vgl BZ vom 26. April). In den vergangenen zwölf Monaten ist 3M damit bereits zum fünften Mal zurückgerudert. Die Geduld der Investoren scheint erschöpft. Nach der jüngsten Korrektur des Ausblicks rutschte die Aktie um 13 % ab und markierte für 3M den schwächsten Handelstag seit 31 Jahren.An das Jahr 1988 wird sich Mike Roman noch aus einem anderen Grund erinnern. Denn vor 31 Jahren hat der heute 59-Jährige seine Karriere bei 3M begonnen. Auf den ersten Job als Design-Ingenieur des Konzerns aus St. Paul, Minnesota, folgten für den Elektroingenieur Aufgaben im Ausland, unter anderem ein längerer Aufenthalt in Brüssel, mit weitreichender Verantwortung für das Geschäft in Europa, Nordafrika und dem Nahen Osten. Später übernahm Roman die Leitung von 3M in Südkorea und legte als Chief Strategist zusammen mit dem langjährigen Firmenchef Inge Thulin die strategische Ausrichtung des Konglomerates fest. Ab 2014 übernahm Roman die Leitung der wichtigen Industriesparte von 3M, die zuletzt fast zwei Fünftel des Gesamtumsatzes von rund 33 Mrd. Dollar beigesteuert hat. Im Sommer 2017 wurde er zum COO berufen. Der designierte Nachfolger für Thulin bestand auch diesen Test. “Nach einem gründlichen und wohl überlegten Planungsprozess für die Nachfolge ist Mike die eindeutige Wahl, 3M als CEO in die Zukunft zu führen”, erklärte der Schwede im Frühjahr des vergangenen Jahres, als er den Wechsel an der Spitze zum 1. Juli ankündigte. Der 65-Jährige, der 1979 zu 3M gestoßen ist und den Konzern ab 2012 führte, ist mit der Stabübergabe an Roman zum Executive Chairman aufgerückt.”Das Momentum für 3M ist da, wir brauchen keine andere Art von Führung”, sagte Thulin kurz vor seiner Ablösung als CEO, um trotz Wechsel an der Konzernspitze die Kontinuität zu betonen. Der neue Konzernchef blies damals in das gleiche Horn. “Unsere Strategie funktioniert, sie liefert Wert für unsere Kunden und eine Prämie für unsere Investoren. Meine Rolle als CEO ist es, darauf aufzubauen”, sagte Roman.Knapp zwölf Monate später scheint es so, als habe der neue Chef etwas zu lange auf Kontinuität gesetzt. “Wir senken aggressiv unsere Kosten”, erklärte Roman nach der jüngsten Enttäuschung vor wenigen Tagen. “Im ersten Quartal haben wir nicht genügend unternommen”, räumte der CEO ein. Zwar sähen die Aussichten für das zweite Halbjahr schon wieder besser aus, sagte Roman. 3M blicke dennoch mit Vorsicht voraus. 4,4 Mrd. Dollar für AcelityDas ist aber nicht die einzige Veränderung bei 3M. Mit der Übernahme von Acelity hat Roman nur zehn Monate nach seinem Start als CEO gerade die zweite Milliardenübernahme angekündigt. Mit 4,4 Mrd. Dollar ist der jüngste Zukauf der bisher größte Deal in der Firmengeschichte der 1902 gegründeten Minnesota Mining and Manufacturing Company überhaupt. Der Spezialist für Produkte zur medizinischen Versorgung von Operationswunden soll das Wachstum der Medizintechniksparte stärken, die im vergangenen Jahr knapp ein Fünftel zum Gesamtumsatz beigetragen hat. Die Wunden, die 3M ihren Investoren mit einer Reihe von Prognosekürzungen zugefügt hat, wird das aber nicht so schnell heilen.