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Christoph Franz geht in der Schweiz vor Anker

Von Daniel Zulauf, Zürich Börsen-Zeitung, 17.9.2013 Roche-Präsidenten sind erwiesenermaßen keine Eintagsfliegen. Der legendäre Fritz Gerber war 23 Jahre im Amt und als Ehrenpräsident ist er dem Konzern bis heute verbunden geblieben. Und wenn sich...

Christoph Franz geht in der Schweiz vor Anker

Von Daniel Zulauf, ZürichRoche-Präsidenten sind erwiesenermaßen keine Eintagsfliegen. Der legendäre Fritz Gerber war 23 Jahre im Amt und als Ehrenpräsident ist er dem Konzern bis heute verbunden geblieben. Und wenn sich Franz Humer im kommenden Frühjahr von seinen Aktionären und Mitarbeitern verabschiedet, dann blickt auch er auf eine 13-jährige Präsidentenkarriere beim Basler Pharmamulti zurück. Zwei Präsidenten in vier Jahrzehnten, man muss lange suchen, um in Publikumsunternehmen noch so viel Beständigkeit zu finden.Doch Roche ist eben kein gewöhnliches Publikumsunternehmen. Es ist die Gesellschaft der alteingesessenen Basler Familien Hoffmann und Oeri, die als Nachkommen der Gründer immer noch 50 % der Stimmen kontrollieren. Mit André Hoffmann als Vizepräsident und Andreas Oeri sind die beiden via Aktionärspool verbundenen Familien auch im Verwaltungsrat vertreten und die Wahl des Präsidenten ist naturgemäß deren Kerngeschäft.Die Wahl des erst 53-jährigen Christoph Franz ist offensichtlich darauf angelegt, die lange Tradition in dem 117 Jahre alten Unternehmen fortzusetzen. Auf den ersten Blick mag es erstaunen, dass der Lufthansa-Chef nur drei Jahre nach seiner Wahl in den Roche-Verwaltungsrat bereits den Präsidentenstuhl besteigen soll. Doch die Roche-Erben, und nicht nur sie, haben offensichtlich Gefallen gefunden an dem umgänglichen und jovialen Hessen, den hierzulande viele schon als richtigen Schweizer durchgehen lassen. Nicht zufällig betont Humer in der gestern veröffentlichten Pressemitteilung neben seinen Leistungen als Manager auch dessen “starke Verankerung in der Schweiz”, die Roche dereinst zugute kommen werde. Keine zweite WahlGut möglich, dass Franz seinen Vertrag bei Lufthansa verlängert hätte, wenn sich Peter Voser nach seinem überraschenden Rücktritt beim Erdölriesen Shell für die Fortsetzung seiner Karriere als Roche-Präsident entschieden hätte. Doch der Deutsche ist in Basel dennoch nicht zweite Wahl. Seine Integrität, hohe Sozialkompetenz und seine kommunikativen Fähigkeiten entsprächen voll und ganz dem Profil, mit dem sich Roche auf die Suche nach Humers Nachfolger machte, sagt ein Eingeweihter. “Er begegnet den Menschen mit einer glaubwürdigen Freundlichkeit und er schenkt ihren Anliegen Zeit und Aufmerksamkeit.” Es liegt auf der Hand, dass die Roche-Erben diese Eigenschaften besonders hoch gewichten.Bekanntermaßen war auch die Beherrschung der deutschen Sprache ein Kriterium für die Präsidentenwahl. Ob der langjährige Genentech-Chef und Roche-Verwaltungsrat Arthur Levinson deshalb schon gar nicht in die engere Auswahl für das Präsidium kam, ist nicht bekannt. Gut unterrichtete Quellen glauben indessen, Levinson habe den Posten gar nicht wirklich angestrebt.Die künftige Rolle von Christoph Franz dürfte sich gründlich von jener seiner Vorgänger unterscheiden. Während Humer und Gerber die operativen Geschicke des Unternehmens als Konzernchefs lange Zeit direkt mitgestaltet haben und das Verwaltungsratspräsidium später in Vollzeit ausübten, wird Franz aller Voraussicht nach ein Teilzeitpräsident werden. Die Stellung des operativen Konzernchefs Severin Schwan ist mit seiner eben erst erfolgten Wahl in den Verwaltungsrat zusätzlich gestärkt worden. “Ein Unternehmen wie Roche braucht einen starken CEO”, erklärt ein Insider, “und Schwan und Franz sollten sich mit der künftigen Arbeitsteilung nicht in die Quere kommen.”Trotz aller Eignung, die Franz zum neuen Roche-Präsidenten zu qualifizieren scheint, kommen seine Wahl und seine Verfügbarkeit dennoch einer glücklichen Fügung für das Pharmaunternehmen gleich. Die Verbindung ist dem langjährigen Roche-Verwaltungsrat und Swiss-Präsidenten Bruno Gehrig geschuldet, der den Airline-Manager 2011 für das Mandat beim Pharmakonzern gewinnen konnte. Nach Vosers überraschender Absage Anfang Mai saß Franz zur richtigen Zeit am richtigen Ort.Rückblickend könnte man sagen, dass auch seine Entlassung bei der Deutschen Bahn 2003 eine glückliche Fügung war. Franz, der 1996 überraschend auf die Schiene wechselte, um mitzuhelfen, aus der staatlichen Behörde ein Dienstleistungsunternehmen zu formen, stand im Frühjahr 2003 Knall auf Fall auf der Straße. Er hatte als Bauernopfer die Verantwortung für ein gescheitertes neues Preissystem übernehmen müssen.Der damalige Swiss-Präsident Pieter Bouw erkannte aber in dem Deutschen den fähigen Airline-Manager und berief ihn sogleich an die Spitze der aus den Trümmern der Swissair hervorgegangenen Schweizer Airline. 2004 übernahm Franz das Steuer bei Swiss und führte das Unternehmen schnell zum Erfolg. 2005 wurde die Übernahme durch die Lufthansa vereinbart. Dass Franz die Interessen der Schweiz und ihrer Airline im Lufthansa-Konzern stets und oft erfolgreich vertreten hat, wird ihm hierzulande noch heute hoch angerechnet. Dass er auch nach seiner Berufung an die Lufthansa-Spitze seinem Wohnort Zürich treu blieb, natürlich auch.