Das schlimme Jahr des früheren Ampel-Lieblings
ahe Berlin
Robert Habeck
Grünen-Politiker und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz
Das schlimme Jahr des früheren Ampel-Lieblings
Als Wirtschaftsminister Robert Habeck Anfang Januar 2023 zu seiner ersten Auslandsreise des Jahres nach Norwegen aufbrach, um dort über Wasserstofflieferungen zu sprechen und sich über Projekte zur CO2-Speicherung zu informieren, wusste er noch nicht, dass er vor seinem persönlich wohl schwierigsten Jahr als Politiker stehen würde. Er konnte nicht ahnen, dass sein Beitrag zur Verhinderung einer großen Energiekrise in Deutschland so schnell vergessen und das Land bald nur noch über „Habecks Heiz-Hammer“ sprechen würde.
Das Debakel rund um das Gebäudeenergiegesetz, zu dem auch die eigene schwache Krisenkommunikation beigetragen hatte, war noch nicht absehbar. Dem Grünen-Politiker war auch noch nicht bewusst, dass er gut vier Monate später seinen wichtigen Staatssekretär Patrick Graichen nach einer „Trauzeugen-Affäre“ rausschmeißen würde, und auch nicht, dass er selbst wochenlang eine Kampagne der „Bild“-Zeitung würde aushalten müssen. Die Schlagzeilen reichten von „Jeder zweite Deutsche für Habeck-Rücktritt“ (23.5.) bis zu „Schlecht fürs Geschäft: Wir wollen nicht mehr Habeck heißen“ (19.8.). Und vor allem war das Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Schuldenbremse, das besonders seine Projekte und seine bisherige Arbeit in Frage stellte, noch weit entfernt.
In all den Krisen zeigte sich Habeck zwar zeitweise genervt und angefasst, aber immer auch mit Pragmatismus und einer großen Kompromissbereitschaft. Der 54-Jährige hat im Kabinett vielleicht den größten Ehrgeiz, etwas voranbringen und die Transformation aktiv gestalten zu wollen. Und er findet öffentlich oft die richtigen Worte, wenn andere Koalitionsspitzen mal wieder schweigen, wie zuletzt beim Thema Israel. Haltung und Klartext ändern aber nichts daran, dass Habecks zum Teil kleinteilig steuernde Politik auch koalitionsintern und bei führenden Wirtschaftsforschern auf Kritik stößt. Und auch er muss sich vorwerfen lassen, dass der Dauerstreit in der Ampel im zurückliegenden Jahr vor allem der AfD genützt hat. Auch dieser Höhenflug war in den ersten Tagen 2023, als Habeck nach Oslo gereist ist, wohl jenseits seiner Vorstellung gewesen.