Verwaltungsratspräsident und CEO

Holcim-Chef Jan Jenisch ist ein Macher

Seit Jan Jenisch bei Holcim das Steuer übernommen hat ist in dem Zementkonzern kein Stein auf dem anderen geblieben. Eine finale Rechnung über die Leistungen des Transformationsmanagers wird es vielleicht nie geben.

Holcim-Chef Jan Jenisch ist ein Macher

Ein Macher, immer mit dem Blick voraus

Von Dani Zulauf, Zürich

Holcim-Chef Jan Jenisch steht im Zenit seiner Karriere. Seit dem Frühjahr 2023 amtet der 58-jährige Manager als Verwaltungsratspräsident und CEO in Personalunion. Und Jenisch hat seine Machtfülle genutzt, um den Zementkonzern radikal zu verändern. Nach Jahren der einschneidenden Transformation und nur sieben Jahre nach der Fusion mit dem ewigen französischen Rivalen Lafarge steht das mehr als hundertjährige Unternehmen nun vor der Aufspaltung.

Das Nordamerika-Geschäft soll unter neuem Namen komplett verselbständigt werden. Jenisch schwebt die Schaffung einer Art Wachstumsgesellschaft vor, die mit dem geplanten Listing am New York Stock Exchange auch eine entsprechend hohe Börsenbewertung erhalten soll. Der Holcim-Chef nannte in seiner gewohnt offensiven Art bereits selber ein Bewertungsziel von 30 Milliarden Dollar, was immerhin etwa zwei Drittel der aktuellen Marktkapitalisierung des ganzen Holcim-Konzerns entspricht.

Wie ehrgeizig das Bewertungsziel für das Nordamerika-Geschäft ist, zeigt allein der Umstand, dass diese Einheit erst etwa ein Drittel zum Gesamtumsatz von Holcim beisteuert. Aber Jenisch rechnet für die amerikanische Gesellschaft mit anderen Bewertungsmultiplikatoren. Im US-Geschäft erwirtschaftet Holcim inzwischen rund ein Drittel des Umsatzes mit CO₂-sparenden Bedachungsmaterialien und anderen Produkten und Lösungen, die zur Verlängerung der Lebensdauer von Gebäuden beitragen können. Die Subventionsmaschine läuft, die Nachfrage boomt.

Skeptisch stimmt Jenisch kritische Beobachter nicht nur mit den überaus ehrgeizig erscheinenden Zielen für das US-Geschäft. Auch der Zeitpunkt, zu dem die Aufspaltung des Konzerns angekündigt wurde, wirkt kalkuliert. 2021 hatte Jenisch das strategische Ziel ausgegeben, binnen fünf Jahren 30% des Konzernumsatzes mit den besagten Produkten und Lösungen zu erwirtschaften und die Abhängigkeit vom klimaschädlichen Zementgeschäft zu verringern. Per Ende September belief sich der Anteil aber erst auf 20%. Und drei Fünftel des großmehrheitlich zugekauften Umsatzes kommen aus Nordamerika. Im restlichen Teil der Welt ist Holcim mit einem Umsatzanteil bei Produkten und Lösungen von weniger als 15% noch meilenweit von dem strategischen Ziel entfernt, das Jenisch bis 2025 zu erreichen versprochen hatte.

Als Präsident des Aufsichtsrates muss Jenisch nicht befürchten, in seiner Rolle als CEO ernsthaft herausgefordert zu werden. Und sein Fünfjahresplan wird mit der Aufspaltung von Holcim ohnehin zur Makulatur werden, noch bevor ihn Ende 2025 jemand überhaupt überprüfen kann.

Das alles sind Argumente, die Jenisch am Montag bei der Ankündigung seines großen Planes geschickt und beredt hinter den glänzenden strategischen Perspektiven zu verbergen wusste. Der Manager versteht sein Image als Macher und Transformator zu pflegen, wie dies nur wenigen seinesgleichen gelingt. Er dürfte dabei auch vom Umstand profitieren, dass selbst sein größter Aktionär, der 78-jährige Holcim-Erbe Thomas Schmidheiny (7,7%), seine einst langfristige Sicht auf den nachhaltigen Unternehmenserfolg gegen eine kurzfristige Perspektive eingetauscht hat.

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