Manfred Lautenschläger

Der Stehauf-Mann

Der Gründer von MLP hat viel erreicht. Wie er da hingekommen ist, lässt sich auf rund 300 Seiten in der Biografie von Ingrid Thoms-Hoffmann nachlesen.

Der Stehauf-Mann

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Aufgeben war nie eine Option. Das Leben des Manfred Lautenschläger. Ingrid Thoms-Hoffmann. DVA, München, 2021. ISBN 978-3-421-04892-9, 304 Seiten, 24 Euro.

 

„Aber wenn ich mir eine Todesart aussuchen könnte, dann möchte ich mit 97 mit einem Herzinfarkt auf dem Golfplatz tot umfallen.“ In diesem Fall hätte Manfred Lautenschläger, Jahrgang 1938, noch 14 Jahre lang Zeit. Zeit, die er vermutlich gut ausfüllen könnte. Denn sein Tatendrang ist groß, wie wir der Biografie von Ingrid Thoms-Hoffmann, früher verantwortliche Redakteurin der Rhein-Neckar-Zeitung und jetzt freie Autorin, entnehmen können.

Der Manager hat viel erreicht: beruflich mit der Gründung von Marschollek, Lautenschläger und Partner Anfang der 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, heute als MLP der größte unabhängige Finanzvertrieb Deutschlands; als Mäzen, der sich auch persönlich einbringt über eine eigene Stiftung; und für ihn nach eigener Aussage zuallererst privat durch die Gründung einer Familie mit seiner Frau Angelika, der fünf inzwischen erwachsenen Kinder entsprungen sind. Auf gut 300 Seiten lässt Thoms-Hoffmann, eingebettet in die gesellschaftlichen und politischen Zeitläufe der Bundesrepublik Deutschland, Lautenschlägers Leben Revue passieren.

Dieses Leben weist neben vielen schönen Momenten auch manche Tiefschläge auf, und zwar in einer Menge und Schwere, die viele wohl nicht überlebt hätten. Das begann gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, als Lautenschläger in einem Luftschutzkeller verschüttet wurde. Später erkrankte er schwer an Krebs – mit minimalen Überlebenschancen. Und schließlich stürzte er mit über 80 Jahren beim Radfahren und zog sich komplizierte Mehrfachbrüche zu. Zudem traf ihn kurz nach Gründung von MLP der Unfalltod seines Kompagnons Eike Marschollek schwer. Das Unternehmen baute er dennoch auf – mit einem neuen Ansatz, der direkten Ansprache von Akademikern zu Akademikern. Der Weg führte bis in den Dax – und Lautenschläger wurde als Großaktionär eines milliardenschweren Unternehmens selbst zum Milliardär. Doch 2002 kam der Absturz. Ein Bilanzskandal warf MLP zu Boden. Lautenschläger gewann Uwe Schroeder-Wildberg erst als Finanzvorstand und dann als Vorstandschef – eine Wahl, die er bis heute nicht bereut. Dem Mann mit Bodenhaftung vertraut der MLP-Gründer so sehr, dass er ihm vor gut einem Jahr 1,95 Millionen Aktien verkaufte. Dank dafür, dass er das Unternehmen wieder aufgerichtet hat und es über eine „nie da gewesene Stabilität“ verfügt, wie Lautenschläger feststellte.

Fast ebenso breiten Raum wie MLP nimmt in der Biografie das vielfältige mäzenatische Wirken von Lautenschläger ein. Ein Neubau für die Heidelberger Kinder- und Jugendmedizin, die Rettung des Heidelberger Theaters, eine Begegnungsstätte in Simferopol auf der Krim, ein Tennisprojekt in Addis Abeba, ein Programm zum Schwimmenlernen für Grundschulkinder – die Aufzählung ist längst nicht vollständig. Überall dort war er dabei, als Geld- und Ideengeber, privat und über seine gemeinnützige Stiftung. Hinzu kommt die Stiftung verschiedener Preise für die medizinische Forschung bis hin zum Europäischen Bürgerrechtspreis. Denn Lautenschläger, so die Autorin, verfüge über „ein schier grenzenloses Interesse an allem, was das Leben ausmacht. Und eine grenzenlose Neugier.“ Er will Geld nicht nur verdienen, sondern sinnvoll ausgeben, in die Gesellschaft einbringen, Projekte anstoßen, anstiften und gestalten.

Die letzten beiden Kapitel des Buches sind dem Sport (ist Leben) und der Familie gewidmet. Als Kind begann er mit Fußball, beim Tennis lernte er seine Frau kennen, Rennrad fuhr er mit großer Leidenschaft (bis zu seinem schweren Unfall), jetzt ist es Trockenrudern, das ihn fit hält. Mit den Stimmen seiner Familienmitglieder rundet Thomas-Hoffmann die Biografie von Manfred Lautenschläger ab.

Sie vermittelt den Lesern das Bild eines Stehauf-Mannes („Männchen“ würde er – zu Recht – ablehnen), der als „vernünftig gewordener 68er“ sehr viel erreicht hat – als Unternehmer, als Ideen- und Impulsgeber, als Mäzen und als Privatperson in seiner Familie.

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