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Der stille Investor aus Tschechien

Von Annette Becker, Berlin Börsen-Zeitung, 9.11.2018 Daniel Kretinsky, neuerdings Großaktionär der Metro, will so gar nicht ins Bild eines aktivistischen Investors passen. Leise im Ton und bescheiden im Auftritt stellt er sich den Fragen einer...

Der stille Investor aus Tschechien

Von Annette Becker, BerlinDaniel Kretinsky, neuerdings Großaktionär der Metro, will so gar nicht ins Bild eines aktivistischen Investors passen. Leise im Ton und bescheiden im Auftritt stellt er sich den Fragen einer Handvoll Journalisten. Von Aggressivität keine Spur, auch wenn sich der 43-Jährige nicht in die Karten schauen lässt. Seine Vita immerhin signalisiert, ihn besser nicht zu unterschätzen. Sein erstes Vermögen hat er in den wilden postkommunistischen Jahren in Osteuropa gemacht. Heute ist er einer der reichsten Männer Tschechiens. “Es hat sicher auch Glück dazugehört”, kokettiert Kretinsky.Der in Deutschland weithin unbekannte Investor lässt sich in keine Schablone pressen. Für seine ersten Investments nahm er Summen von weniger als 1 Mill. Euro in die Hand. Die Privatisierungswelle, die sein Heimatland in den frühen 1990er Jahren überrollte, bot viele Chancen, die Kretinsky, seinerzeit noch bei der J&T-Gruppe beschäftigt, erfolgreich nutzte. “Wir haben keinen konkreten Investmentstil”, sagt Kretinsky und bekennt, dass Flexibilität für ihn das A und O ist. Das habe sich insbesondere im Nachgang zur Finanzkrise 2008 ausgezahlt. Plötzlich waren viele Assets billig, doch weil auch bei J&T die Risikoaversion überwog, gründete er seine eigene Investmentgesellschaft EP Holding. Seinen Anteil von anfänglich 20 % hat er inzwischen auf 53 % ausgebaut. Die restlichen Anteile hält derzeit noch sein langjähriger Geschäftspartner Patrik Tkac. Dieser werde sich auf Sicht von zehn Jahren jedoch vollständig zurückziehen.Zweifelsohne nutzt der Selfmademan die in der Private-Equity-Szene üblichen Finanzierungsinstrumente, doch als Investor auf Zeit will er sich nicht verstanden wissen. “Wir sind nicht von vornherein festgelegt, ob wir verkaufen, halten oder aufstocken”, macht der studierte Politikwissenschaftler und Jurist klar.Bei Metro allerdings, an der Kretinsky aktuell mit knapp 11% beteiligt ist, dürften die nächsten Schritte vorgezeichnet sein, hat sich der Investor doch nicht zum Spaß den Zugriff auf weitere 20 % der Aktien gesichert. Gleichwohl weist Kretinsky darauf hin, noch mehr Detailkenntnisse zu benötigen, um das weitere Vorgehen zu bestimmen.Riesiges Potenzial kann er dem Lebensmittelhändler aber auch heute schon bescheinigen, und klar ist für ihn, dass die Aktie massiv unterbewertet ist. Schon heute fühle er sich als “Teil der Metro-Familie”, sagt Kretinsky und beschwört die Buy-and-Build-Strategie von Haniel, auf die er mit seinem Investment aufsetzen wolle. Der Duisburger Familienkonzern war immerhin mehr als 50 Jahre an Metro beteiligt, auch wenn gerade die letzte Dekade nicht zu den Glanzzeiten zählt.Den angekündigten Verkauf der SB-Verbrauchermärkte Real hält der neue Investor für “eine gute Idee”, die der Vorstand wie zufällig nur wenige Tage nach dem Einstieg Kretinskys verkündete. Mit dem Management will sich der betont freundlich auftretende Investor über die Weiterentwicklung der Strategie austauschen. Für Metro-Chef Olaf Koch, der über viele Jahre sein Ding machte, dürfte sich das allerdings eher wie eine Drohung anhören. Die globale Aufstellung hält Kretinsky für richtig. Als Entschuldigung für mangelnde Geschwindigkeit oder hohe Kosten lässt er sie jedoch nicht gelten. Nachholbedarf hat Metro nach seiner Einschätzung beim Heben des vorhandenen Datenschatzes wie auch bei der Vernetzung der Vertriebskanäle.