Gründerpreis für Lebenswerk

Die vielen Talente der Rosely Schweizer

Rosely Schweizer (83), Spross der Oetker-Dynastie, zählt zu den reichsten Frauen in Deutschland. Ihre Karriere war geprägt von Widerständen.

Die vielen Talente der Rosely Schweizer

Die vielen Talente
der Rosely Schweizer

Von Antje Kullrich, Düsseldorf

Sie ist eine der wenigen Frauen in der deutschen Wirtschaft, die schon seit Jahrzehnten ihren Einfluss geltend gemacht hat – als Familienunternehmerin, Ratgeberin und Politikerin. Rosely Schweizer, Spross der Oetker-Dynastie, hat sich ihr ganzes Leben vielfältig engagiert. Ihr größtes Vorbild: ihre Großmutter. Käte Ahlmann hatte nach dem frühen Tod ihres Ehemanns von 1931 an die Carlshütte, die größte norddeutsche Eisengießerei mit fast 3.000 Beschäftigten, geführt.

Sie vermittelte ihrer Enkelin ein Frauenbild, das in der Nachkriegszeit geradezu revolutionär war. „Der Mann soll mir nicht seinen Platz in der Straßenbahn anbieten, sondern einen Platz in seinem Aufsichtsrat“, postulierte Ahlmann und gab ihrer Enkelin mit: „Stell dein Licht nicht unter den Scheffel, da findet dich kein Mensch.“ Schweizer hat die Ratschläge beherzigt. Als Mentorin für junge Unternehmerinnen und Unternehmer ist die 83-Jährige jetzt mit dem Deutschen Gründerpreis für ihr Lebenswerk ausgezeichnet worden.

Schweizer zählt laut „Forbes“ zu den reichsten Frauen in Deutschland. Ihr gehören 12,5% des milliardenschweren Bielefelder Familienkonzerns Oetker. Die Karriere der studierten Volkswirtin war zunächst geprägt von Widerständen. Die Urenkelin des Konzerngründers August Oetker entschied sich in jungen Jahren für eine Wirtschaftslaufbahn und ein Studium, gegen den Willen ihres Vaters Rudolf-August Oetker. Sie zog zur vom Vater getrennt lebenden Mutter nach Innsbruck, lernte im Studium ihren Mann, den Unternehmer und Lederproduzenten Folkart Schweizer, kennen und folgte ihm in den 60er Jahren ins Schwabenland.

Mit einer eigenen Textilreinigung war Rosely Schweizer zwar nur wenig erfolgreich und zahlte Lehrgeld, wie sie später einräumte, doch sie erwarb sich die Anerkennung ihres Vaters. Im Jahr 1977 zog sie in den Beirat der Oetker-Tochter Sektkellerei Söhnlein ein, die später noch Henkell übernahm. Von 1998 an gehörte sie dem mächtigen Beirat der gesamten Oetker-Gruppe an und war einige Jahre bis 2010 dessen Vorsitzende. Im Namen ihrer Großmutter hat sie die Käte Ahlmann Stiftung für Mentoring mitbegründet und viele Jahre Start-ups mit ihrem Rat begleitet.

In die Politik verschlug es Schweizer eher per Zufall. Auf dem Marktplatz in ihrer Heimat Murrhardt wurde sie Mitte der 80er Jahre angesprochen, ob sie nicht für den Gemeinderat kandidieren wolle. Sie wollte und wurde nicht nur Landtagsabgeordnete für die CDU in Baden-Württemberg, sondern auch Mitglied im Bundesvorstand des CDU-Wirtschaftsrats.

Öffentlich hat sie sich in vielen Diskussionen und Interviews immer wieder für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Wirtschaft, Politik und Hochschulen eingesetzt. Zu ihrem 80. Geburtstag vor drei Jahren hat sie dazu ein bittersüßes Resümee gezogen: „Wir sind bei der Beteiligung von Frauen weitergekommen, aber es geht so wahnsinnig langsam.“

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.