Industrieversicherung

„Ein Gender-Pay-Gap gibt es bei uns nicht mehr“

Andrea Brock ist angetreten, den Industrieversicherer QBE in Deutschland relevant zu machen. Sie investiert viel in Unternehmenskultur und Frauenförderung.

„Ein Gender-Pay-Gap gibt es bei uns nicht mehr“

„Ein Gender-Pay-Gap gibt es bei uns nicht mehr“

Von Antje Kullrich, Düsseldorf

Weltweit und vor allem im asiatisch-pazifischen Raum ist der Industrieversicherer QBE eine große Nummer. 20 Mrd. Dollar Beitragsvolumen bringt der börsennotierte Konzern auf die Waage. In Deutschland jedoch war QBE lange Zeit ein Leichtgewicht. Andrea Brock arbeitet daran, das zu ändern. Mit einigem Erfolg: Seit ihrem Antritt als Chefin des Industrieversicherers QBE in Deutschland vor viereinhalb Jahren hat sich das Beitragsvolumen verdreifacht. Die ursprüngliche Zielsetzung, für 2025 eine Größenordnung von 100 Mill. Euro zu erreichen, sei bereits im vergangenen Jahr übererfüllt worden, konstatiert die 44-Jährige im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Auch die Profitabilität habe sich verbessert. Die Schaden-Kosten-Quote hat Brock nach eigenen Angaben unter 100% gebracht. Dafür wurde das Portfolio durchforstet und konsolidiert, der unrentable Bereich Real Estate sogar ganz aufgegeben.

„Nicht nur bunte Poster“

In ihrer Amtszeit hat sich die Zahl der Beschäftigten von QBE Deutschland auf heute 65 mehr als verdoppelt. Die Fluktuation, so betont Brock, sei dabei äußerst gering. „Die Kontinuität, langfristig die gleichen Ansprechpartner zu haben, wird bei Maklern und Kunden unglaublich geschätzt.“ Die Mitarbeiterbindung ist für Brock der Schlüssel: „Die Unternehmenskultur ist das A und O für eine erfolgreiche Unternehmung“, sagt die Managerin, die dieses überstrapazierte Buzzword tatsächlich mit Leben füllen will. „Wir nehmen das sehr ernst und machen nicht nur bunte Poster.“ Das Kernelement nach ihrer Einschätzung: Jeder und jede Mitarbeitende solle sich sicher fühlen, sich zu äußern.

Dass QBE bereit ist, konsequent nach den eigenen Richtlinien zu handeln, zeigte sich 2020. CEO Pat Regan musste nach unangemessenem Verhalten Knall auf Fall gehen. Medienberichten zufolge soll der Manager an eine weibliche US-Führungskraft im mittleren Management übergriffige Messages gesendet haben.

Viel Zeit für Firmenkultur

QBE habe, so skizziert Brock, ein umfassendes Konzept etabliert, um eine gute Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Zweimal im Jahr können Mitarbeitende Brock und ihren Führungsstil anonym bewerten. Von einer Vertretung der Beschäftigten – bei QBE nennen sie es People & Culture Forum – bekommt die Managerin ein Pflichtenheft, dessen Abarbeitung sie transparent machen muss. Der Umgang im Unternehmen ist in erheblichem Maße bonusrelevant, betont Brock. Die Pflege der Unternehmenskultur kostet Zeit, doch die ist ihrer Ansicht nach gut investiert. Tatsächlich schneidet QBE Deutschland beim Arbeitgeberbewertungsportal Kununu sehr gut und im Vergleich zur gesamten Versicherungsbranche weit überdurchschnittlich ab.

Frauen-Netzwerk gegründet

Eines jedoch treibt Brock schon seit langem um: Der Frauenanteil in der Industrieversicherung ist äußerst gering. „Es fehlen Role Models“, sagt Brock. Vor gut eineinhalb Jahren hat sie beschlossen, mit einer Brancheninitiative aktiv zu werden. Im Sommer 2022 gründete Brock Fidi – Frauen in der Industrieversicherung. „Ein Bedürfnis war mir das schon lange“, meint Brock, die schnell Mitstreiterinnen in den Reihen von Konkurrenten wie AIG, Zurich, Berkshire Hathaway oder Maklern fand. Rund 30 Frauen trafen sich im Sommer 2022 das erste Mal in einem Biergarten in Düsseldorf. Daraus entstanden ist eine Initiative, die heute rund 630 Mitglieder zählt und sich regelmäßig zu überregionalen und neuerdings auch regionalen Netzwerktreffen zusammenfindet.

Mentoring geplant

„Jetzt packen wir es an, um zu sehen, wie wir Dinge verändern können“, sagt Brock. „Wir haben einen klaren Fahrplan und Ziele, an denen wir uns messen lassen wollen.“ So möchte die Initiative unter anderem ein Mentoringprogramm aufsetzen, um junge weibliche Fachkräfte noch besser bei der Karriere zu unterstützen. Andrea Brock ist die Nachwuchsgewinnung und -förderung ein besonderes Anliegen. „Der Frauenanteil von CEOs in der industriellen Sachversicherung in Deutschland liegt mit 5,6% noch unter dem in Japan“, kritisiert sie. Brock selbst hat in ihrer Karriere gute und schlechte Erfahrungen gemacht. Bei ihrem Start im Gerling-Konzern durfte die ausgebildete Versicherungskauffrau, die berufsbegleitend noch ein BWL-Studium draufsattelte, mit 24 Jahren schon ein Konzernprojekt leiten und bei Chubb mit 30 eine Geschäftsleitung übernehmen. Doch männlichen Platzhirschen ist sie auch begegnet.

Aus 25 Jahren Branchenerfahrung hat sie für ihre eigene Führungsaufgabe klare Konsequenzen gezogen: „Egoshooter, die sich danebenbenehmen, werden bei uns nicht glücklich, selbst wenn sie Starperformer sind.“ Und ganz wichtig: „Ein Gender-Pay-Gap gibt es bei uns nicht mehr.“

Andrea Brock, CEO von QBE Deutschland

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