PERSONEN

Einer der letzten großen Unternehmer Italiens

Von Gerhard Bläske, Mailand Börsen-Zeitung, 14.5.2019 Der große Showdown bei der Hauptversammlung des Brillenriesen EssilorLuxottica am Donnerstag bleibt aus. Nach Vermittlung der Internationalen Handelskammer haben Großaktionär und Präsident...

Einer der letzten großen Unternehmer Italiens

Von Gerhard Bläske, Mailand Der große Showdown bei der Hauptversammlung des Brillenriesen EssilorLuxottica am Donnerstag bleibt aus. Nach Vermittlung der Internationalen Handelskammer haben Großaktionär und Präsident Leonardo Del Vecchio und sein französischer Vizepräsident Hubert Sagnières ihren Streit beendet. Die italienisch-französische Parität in dem erst Ende des vergangenen Jahres fusionierten Konzern aus dem französischen Optikkonzern Essilor und dem Brillenhersteller Luxottica bleibt damit bis 2021 gewahrt. Der 83-jährige Del Vecchio hatte um sein Lebenswerk gefürchtet und einen Schiedsrichter angerufen. Del Vecchio ist mit einem Vermögen von etwa 20 Mrd. Euro nicht nur einer der reichsten, sondern auch einer der einflussreichsten Manager Italiens – und neben Luciano Benetton und Giorgio Armani eine der letzten großen Unternehmerpersönlichkeiten des Landes. Über die Holding Delfin hält seine Familie auch einen Anteil von etwa 5 % am Versicherungskonzern Generali, 28 % an der Immobiliengruppe Foncière des Régions, zu der die italienische Beni Stabili gehören, sowie weitere Beteiligungen wie einen kleineren Anteil an der Mailänder Großbank Unicredit.In die Wiege gelegt waren dem gebürtigen Mailänder dieser Reichtum und Einfluss keineswegs. Denn er stammt aus armen Verhältnissen. Geboren als Sohn eines Arbeiters und eines Zimmermädchen, gab ihn seine Mutter im Alter von sieben Jahren in ein Waisenhaus. Mit 14 begann er als Geselle in einer Firma, die Münzen herstellte. Doch der Selfmademan stieg schnell auf Feinmechanik um und begann in einer Mailänder Garage als Zulieferer für die Brillenherstellung.1961 zog Del Vecchio mit seinem Unternehmen nach Agordo in den Dolomiten um, produzierte bald fertige Brillenmodelle und übernahm Unternehmen und Marken wie Persol, Ray Ban, Alain Mikli, Oakley, Oliver Peoples und Paul Smith. Außerdem schloss Luxottica Lizenzvereinbarungen mit Giorgio Armani, Bulgari, Prada, Versace, Dolce & Gabbana und anderen und kaufte Optikerketten wie Cole National und Sunglass Hut. Del Vecchio setzte auf qualitativ hochwertige Gestelle, erarbeitete seinem Unternehmen eine starke Position in den USA und brachte Luxottica 1990 auch an die Börse in New York. Nach der Fusion mit Essilor sagte Luxottica nicht nur Wall Street, sondern auch der Piazza Affari in Mailand Addio. Der fusionierte Konzern ist nur noch in Paris notiert. Del Vecchio, der stets dafür bekannt war, seinen Managern viel Handlungsfreiheit zu geben und seine Mitarbeiter gut zu entlohnen, hat sein Vermögen und seine Beteiligungen in der Gesellschaft Delfin gebündelt, die 32 % der Anteile und 31 % der Stimmrechte von EssilorLuxottica kontrolliert. Deren Beteiligungen hält nicht nur er selbst, sondern auch seine dritte Frau Nicoletta und seine sechs Kinder.Zwar will er sich nun auf die Rolle des Präsidenten zurückziehen, doch dass er sich ausschließlich dem Golf- und Tennisspielen widmet, ist kaum zu erwarten – auch wenn er einige Kompetenzen abgeben will. Auch diesbezüglich ist er den etwa altersgleichen “Kollegen” Luciano Benetton und Giorgio Armani nicht unähnlich. Wie energisch er seine Interessen nach wie vor verteidigt, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt, das hat er gerade erst unter Beweis gestellt.