Familientreffen zum 25. Geburtstag
Familientreffen zum 25. Geburtstag
Von Detlef Fechtner, Frankfurt
Die Protokollabteilung der Europäischen Zentralbank ist in dieser Woche in ganz besonderer Weise gefordert gewesen. Denn beim Festakt zum 25. Geburtstag der EZB dürfte alleine schon die Sitzordnung beim Abendessen alles andere als vergnügungssteuerpflichtig gewesen sein. Selten war die Dichte an amtierenden oder ehemaligen Notenbankern der Euro-Währungszone so hoch wie am Mittwoch. Gefühlt waren diejenigen unter den Gästen, die noch nie im Europäischen Zentralbankrat über Zinserhöhungen oder Zinssenkungen entschieden haben, an diesem Abend in der Unterzahl. Insofern hatte der Festakt durchaus den Charme eines Familientreffens – der „EZB-Familie“.
Natürlich waren auch Gäste aus Politik und Kreditwirtschaft mit von der Partie, respektive mit von der Party – Minister wie etwa Christian Lindner, Behördenpräsidenten wie Mark Branson und Vorstandsvorsitzende wie Christian Sewing. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen gehörte ebenso wie Bundeskanzler Olaf Scholz, EU-Ratspräsident Charles Michel und EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola zu den Gratulanten vor Ort: Happy Birthday, ECB! Im Gegenzug gab es für alle Gäste ein Stück von der Geburtstagstorte, die von Christine Lagarde und ihren beiden Vorgängern Mario Draghi und Jean-Claude Trichet angeschnitten wurde.
Ein dreifacher Vertrag
An den allerersten EZB-Präsidenten, den 2005 verstorbenen Niederländer Wim Duisenberg, erinnerte Nachfolgerin Lagarde in ihrer Ansprache. Duisenberg hatte den Euro einst bei der Verleihung des Karlspreises als einen Dreifachvertrag dargestellt. Als einen Vertrag zwischen Ländern, die ihre Kräfte bündeln. Als einen Vertrag zwischen der EZB und den Menschen in Europa, mit dem Ziel, deren Bedürfnisse zu erfüllen, vor allem für stabile Preise zu sorgen. Und als Vertrag zwischen den Europäern selbst, ihre gemeinsame Währung zu teilen.
Souverän, stabil, solidarisch
Lagarde übersetzte diesen Dreifachvertrag in ihrem Vortrag in ein Dreifach Hoch auf den Euro – als Grundlage für Souveränität, Stabilität und Solidarität. Niemand habe in der Geburtsstunde der Europäischen Zentralbank vor 25 Jahren erahnen können, welche Krisen die Einheitswährung anschließend zu durchleben haben werde: vom Platzen der Dotcom-Blase über die Finanz- und Staatsschuldenkrise bis hin zu Pandemie und Ukraine-Krieg. „Doch das grundlegende Versprechen des Euro hat sich bewahrheitet. Und nicht zuletzt dank unserer Währungsunion haben wir alles überstanden – und sind jedes Mal ein bisschen stärker daraus hervorgegangen“, erklärte Lagarde.
Die Französin veranschaulichte in ihrer Ansprache die Schutzwirkung einer gemeinsamen Währung mit Verweis auf die Schwankungsanfälligkeit am Devisenmarkt: Wäre der Euro nicht eingeführt worden, dann – so haben es EZB-Ökonomen errechnet – hätten die nationalen Währungen einzelner Länder in der Finanzkrise oder später in der Pandemie zweistellig abgewertet.
Wie bei Geburtstagsfesten üblich, richtete Lagarde den Blick natürlich auch nach vorne. Die EZB müsse in einer instabilen Welt für Stabilität sorgen. Für die Zentralbank habe nun die Rückführung der Inflation auf das mittelfristige 2%-Ziel die oberste Priorität. „Und das“, so kündigte die oberste Vertreterin des Jubilars an, „werden wir tun“.