Machtkampf

Firmenerbe Lagardère rettet seinen Kopf

Seit einem Jahr wird der frühere Airbus-Großaktionär durch einen Machtkampf erschüttert. Firmenerbe Arnaud Lagardère soll bereit sein, auf die Rechtsform einer Kommanditgesellschaft auf Aktien zu verzichten. Dafür soll er das Unternehmen weiter lenken.

Firmenerbe Lagardère rettet seinen Kopf

Von Gesche Wüpper, Paris

Ihm könnte ein letzter Sieg gelingen, auch wenn es auf den ersten Blick wie eine Niederlage wirkt: Ein Kompromiss könnte Firmenerbe Arnaud Lagardère helfen, mit erhobenem Haupt aus dem Machtkampf hervorzugehen, der das von seinem Vater Jean-Luc gegründete Unternehmen seit mehr als einem Jahr erschüttert. Der Manager, der letzten Monat seinen 60. Geburtstag feierte, sei bereit, auf die Rechtsform einer Kommanditgesellschaft auf Aktien zu verzichten, um seinen Kopf zu retten, heißt es in Paris. Die Lagardère-Gruppe bestätigte Montagfrüh in einer knappen Mitteilung, dass die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft geprüft werde.

Für den früheren Großaktionär des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus begänne damit ein neues Kapitel, genau wie für Arnaud Lagardère. Denn der hoch verschuldete Manager kann dann nicht länger die Medien- und Reiseeinzelhandelsgruppe kontrollieren, obwohl er nur 7,3% des Kapitals und 10% der Stimmrechte hält. Diese Macht hatte er seinem Vater zu verdanken, der Lagardère 1992 als eine Kommanditgesellschaft auf Aktien gründete, nachdem der Fernsehsender La Cinq, in den er 1990 investiert hatte, pleitegegangen war und die Fundamente seines Imperiums erschüttert hatte.

Die letzten Meter auf der Zielgeraden für eine Umwandlung der Rechtsform seien nicht ohne Hürden, urteilen französische Medien. Die Verhandlungen zwischen dem Firmenerben und den wichtigsten Aktionären der Gruppe dauerten Montagnachmittag an. Neben dem aktivistischen Fonds Amber Capital, der 20% des Lagardère-Kapitals hält, gehören dazu Vivendi mit 29%, LVMH-Chef Bernard Arnault mit 7% und der Staatsfonds des Emirats Katar mit 13%. Amber Capital dringt seit dem Einstieg bei Lagardère vor fünf Jahren darauf, dass sich das Unternehmen auf die beiden Aktivitäten Travel Retail und Verlagswesen konzentriert. Arnaud Lagardère, der 2013 die Beteiligung an Airbus verkaufte, hat auch deshalb die Medienpräsenz stark reduziert. Der Gruppe gehört nun noch der Radiosender Europe1, die Zeitschrift „Paris Match“ und die Sonntagszeitung „Journal du Dimanche“ (JDD).

Der streitbare Fonds von Joseph Oughourlian kritisiert zudem seit langem die Unternehmensführung von Arnaud Lagardère. Hinter vorgehaltener Hand lästern Firmenchefs zwar schon seit Jahren über den Sohn von Jean-Luc Lagardère, der in Frankreich als ähnlich legendär gilt wie Giovanni Agnelli in Italien. Doch ein direkter Angriff auf den Sohn eines der Gründungsväter von EADS, der bei dem Luft- und Raumfahrtkonzern oft nicht zu den Verwaltungsratssitzungen erschienen sein soll, ging in Paris einigen zumindest bis letztes Jahr dann doch zu weit.

Lagardère, der mehr mit einem Turtelvideo mit seiner 30 Jahre jüngeren Frau, einem ehemaligen belgischen Model, für Schlagzeilen sorgte als mit Unternehmenserfolgen, konnte sich deshalb lange Zeit der Unterstützung der französischen Wirtschaftsprominenz sicher sein. Dann jedoch stieg Vivendi im Frühjahr 2020 ins Kapital der Gruppe ein und verbündete sich schon kurz darauf im letzten Sommer mit Amber Capital. Daraufhin erwarb LVMH-Chef Arnault im September ebenfalls eine Beteiligung – und eilte dem Firmenerben so zu Hilfe.

Lagardère werde für seinen Verzicht auf die mit der bisherigen Rechtsform verknüpfte Macht zehn Millionen Lagardère-Aktien zum Preis von 22,70 Euro je Papier erhalten, berichtet „Le Monde“. Er könnte so seinen Anteil nahezu verdoppeln, während die Beteiligungen der anderen Aktionäre verwässert würden.

In den Verhandlungen gehe es jetzt noch um Detailfragen. Vivendi-Hauptaktionär Vincent Bolloré soll zugestanden haben, dass Arnaud Lagardère fünf Jahre lang an der Spitze der Gruppe bleiben darf. Dort wird er jedoch stärker im Verwaltungsrat kontrolliert werden. Lagardère und Vivendi sollen in dem Gremium dem Vernehmen nach je drei Vertreter haben, Amber Capital, Bernard Arnault und Katars Staatsfonds je einen.

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