Geister-HV bei Airbus
Von Gesche Wüpper, ParisEs war ein Wachwechsel, der hinter mehr oder weniger verschlossenen Türen stattfand – ohne die wichtigsten Protagonisten. Denn die Hauptversammlung von Airbus fand am Donnerstag zwar wie in den letzten Jahren auch im Hotel Okura in Amsterdam statt, doch weder Konzernchef Guillaume Faury noch der bisherige Verwaltungsratschef Denis Ranque und sein Nachfolger René Obermann waren selbst vor Ort. Stattdessen wurde der Luft- und Raumfahrtkonzern von seinem niederländischen Rechtsberater NautaDuthilh vertreten.Angesichts der von der niederländischen Regierung im Rahmen der Coronavirus-Pandemie verhängten Sicherheitsmaßnahmen werde die Hauptversammlung mit der Mindestteilnehmerzahl durchgeführt, hatte Airbus im Vorfeld erklärt. Vertreter des Top-Managements und Mitglieder des Verwaltungsrates würden nicht teilnehmen. Die Anwesenheit von Aktionären müsse limitiert und strengen Regeln für Sicherheitsabstände unterworfen werden. Airbus rate Aktionären stark von der physischen Anwesenheit ab, schrieb der Konzern auf seiner Homepage. Stattdessen sollten sie lieber durch Proxys abstimmen.Eine Übertragung der Hauptversammlung gab es nicht. Stattdessen stellte der Konzern Videobotschaften von Faury und Ranque sowie diverse Präsentationen auf seine Internetseite.Der geplante Ablauf der Hauptversammlung erschwere Kritik massiv, bemängelten die Menschenrechts- und Umweltschutzvereinigung Urgewald und der Dachverband der Kritischen Aktionär*innen. “Auch auf mehrfache Nachfrage hin konnten wir nicht erfahren, wie und von wem unsere kritischen Fragen beantwortet werden”, sagte Tilman Massa vom Dachverband der Kritischen Aktionär*innen. “So wird eine fundierte Bewertung der Arbeit des Managements unmöglich.”Airbus selbst dagegen betonte, die Aktionäre hätten trotz der Covid-19-Situation die Stimmrechte stark wahrgenommen. 575 Millionen Stimmen seien abgegeben worden, was einem Anstieg von 5 % im Vergleich zu 2019 und rund 74 % des stimmberechtigten Kapitals entspreche. Die Anteilseigner hätten allen Resolutionen zugestimmt. Historische BranchenkriseDie Branche befinde sich in der größten Krise der Luftfahrtgeschichte, erklärte Airbus-Chef Faury in seiner Videobotschaft. Viele Kunden würden jetzt darum bitten, geplante Auslieferungen zu verschieben, oder sie seien physisch nicht in der Lage, die bestellten Flugzeuge in Empfang zu nehmen. Der Flugzeugbauer spreche jetzt mit ihnen, um für jeden Einzelfall, für jedes Flugzeug eine Lösung zu finden. Faury hatte wegen der Ausbreitung der Pandemie bereits Ende März das Dividendenversprechen und die Prognose einkassiert.Er habe oft von seinen Ratschlägen profitiert, bedankte sich der 52-Jährige bei dem bisherigen Verwaltungsratsvorsitzenden Ranque. Faury hatte bei Airbus vor einem Jahr das Ruder von Tom Enders übernommen. Der 68-jährige Ranque, der von 1998 bis 2009 an der Spitze von Thales stand, hatte damals angekündigt, sich aus dem Verwaltungsrat zurückziehen zu wollen. Er hat ihn seit 2013 geleitet. Neuer Vorsitzender des Kontrollgremiums von Airbus ist der frühere Telekomchef und jetzige Geschäftsführer von Warburg Pincus Deutschland René Obermann.”Ich freue mich auf eine noch engere Zusammenarbeit mit dem Management-Team und meinen Kollegen im Board of Directors, um das Unternehmen bei der Bewältigung seiner unmittelbaren und längerfristigen Herausforderungen und insbesondere bei unserer Reaktion auf die Covid-19-Pandemie zu unterstützen”, erklärte der 57-Jährige. Neu in den Verwaltungsrat gewählt wurden der frühere Haniel-Vorstandschef Stephan Gemkow und der ehemalige Hawaiian-Airlines-Chef Mark Dunkerley. Gemkow, der einst auch Finanzchef von Lufthansa war, ersetzt den früheren Deutsche-Bank-Vorstand Joseph Lamberti, Dunkerley ersetzt Ranque.