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Gerangel um die Nachfolgeplanung

Von Michael Flämig, München Börsen-Zeitung, 8.11.2019 Wer hat das Sagen bei Siemens? Am Donnerstag war die Sache klar. Chef Joe Kaeser saß bei der Jahrespressekonferenz auf dem Podium, sein möglicher Nachfolger Roland Busch saß dort nicht. Und...

Gerangel um die Nachfolgeplanung

Von Michael Flämig, MünchenWer hat das Sagen bei Siemens? Am Donnerstag war die Sache klar. Chef Joe Kaeser saß bei der Jahrespressekonferenz auf dem Podium, sein möglicher Nachfolger Roland Busch saß dort nicht. Und dies, obwohl Busch den Umbau des Konzerns verantwortet. “Ich soll Ihnen auch beste Grüße bestellen von unserem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Roland Busch”, erklärte Kaeser. Er sei noch unterwegs, werde aber nach der Pressekonferenz vorbeikommen auf eine Tasse Kaffee.Das tat er auch. Der Gesprächsbedarf war groß. Schließlich hatte der Aufsichtsrat im September Busch zum Stellvertreter befördert, wollte aber erst im Sommer über die Nachfolge entscheiden. Eine Art Bewährungsprobe für Busch? Für einen Vorstand, der schon seit acht Jahren dem Gremium angehört? Ob er sich aus seiner Sicht bewährt habe in dieser Zeit, lautete die Frage nach der Pressekonferenz an Busch. Ein uneingeschränktes “Ja” war die Antwort. Kaeser hatte zuvor auf eine Journalistenfrage gesagt: “Er ist nicht stellvertretender Vorstandsvorsitzender auf Bewährung, er ist tatsächlich stellvertretender Vorstandsvorsitzender ohne jede Einschränkung.”Erstmals, seitdem im Jahr 2005 Klaus Kleinfeld auf Heinrich v. Pierer gefolgt sei, gebe es eine geordnete Nachfolgeplanung, sagte Kaeser. Er habe es nicht so machen wollen wie bei den beiden darauffolgenden Wechseln an der Unternehmensspitze. Daher habe der Aufsichtsrat auf seine ausdrückliche Bitte hin Herrn Busch zu einem Zeitpunkt zu seinem Stellvertreter gemacht, zu dem man es üblicherweise nicht mache. Im Sommer gebe es dann viele Faktoren für die Entscheidung, beispielsweise ob die Teilung des Unternehmens erfolgreich abgeschlossen sei.Zu seinen eigenen Ambitionen äußerte sich Kaeser nicht präzise. Seine Rolle sei es, im Widerstreit der Interessen zwischen dem Industrie- und dem Energie-Teil von Siemens dafür zu sorgen, dass beide erfolgreich in die Zukunft entlassen würden: “Da ist es vielleicht ganz gut, dass es einen gibt, der nach heutigem Ermessen nach fünf Jahren wahrscheinlich nicht mehr da ist.”Nur in einem weniger dynamischen Umfeld hätte man auch sagen können: “In vier Wochen räume ich meinen Schreibtisch aus, nehme Resturlaub und dann hören wir auf.” Einen kurzfristigen Wechsel an der Spitze, wie dies SAP vorgeführt hatte, lehnte Kaeser daher ab. Mit Blick auf den kräftigen Anstieg des Aktienkurses im SAP-Fall fügte er hinzu: “Weil ich auch nicht das Risiko eingehen will, dass er fällt.”Kritisch setzte Kaeser sich mit der Siemens-Vermittlung des dritten Quartals auseinander, die Busch in einer Journalisten-Telefonkonferenz mitpräsentiert hatte, während Kaeser auf Kundenreise war: “Das ist nun ja nicht sonderlich gut gewesen.” Er sei gefragt worden, warum er als Chef dort nicht selber hingehe. “Hätte ich gewusst, wie kritisch das wird, hätte ich das gemacht.” Man habe nicht deutlich genug gemacht, dass man im dritten Quartal das gesamte Unternehmen in 90 Tagen völlig neu organisiert habe, ohne dass es zu Problemen gekommen sei.Nach der Pressekonferenz nannte Busch zwei Prioritäten für seine Arbeit. Erstens habe er einen klaren Fokus auf das operative Geschäft: “Wir haben ein schwieriges Umfeld.” Zweitens gelte es, die Digitalisierung weiter voranzutreiben.