Finanzchef Peter Zattler verabschiedet sich auf höchstem Niveau
Ein Abschied auf höchstem Niveau
Der Finanzchef erklärt kurz vor seinem Abschied, wie das Unternehmen mit neuen Geschäften weiter wachsen will
Von Joachim Herr, München
Peter Zattler verabschiedet sich als Finanzchef von Giesecke+Devrient (G+D) mit einem Umsatz und Ergebnis auf dem bisher höchsten Stand. Seit Juli 2001 ist er in dieser Position in dem 1852 gegründeten Münchner Familienunternehmen, das im Geschäft mit Banknoten, Bezahlen mit Karten und in digitaler Form sowie mit Ausweisdokumenten und sicherem Zugang zu Daten und Netzwerken aktiv ist. Am Ende dieses Monats geht Zattler, der im Juli 66 Jahre alt wird, in den Ruhestand. Jan Thyen (53), zuletzt Strategiechef von G+D, ist sein Nachfolger.
„2023 haben wir unsere Ziele übererfüllt, auch dank des organisches Wachstums“, berichtet Zattler im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Der Umsatz stieg um 18% auf knapp 3 Mrd. Euro. Dazu hätten die fünf im vergangenen Jahr übernommenen Unternehmen etwa die Hälfte beigesteuert. Dass die Ertragsseite nicht ganz so kräftig zugelegt hat, begründet Zattler damit, dass die Akquisitionen nicht von Anfang an in vollem Umfang dazu beigetragen hätten.
Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen steigerte Giesecke+Devrient um 17% auf 347 Mill. Euro, den Jahresüberschuss um 14% auf 92 Mill. Euro. „Alle Geschäftsbereiche haben einen positiven Beitrag zum Ergebnis geleistet“, betont Zattler. Das war nicht immer so: Mit SIM-Karten für Mobiltelefone zum Beispiel gab es mitunter Verluste.
„Aus eigenen Mitteln finanziert“
Das Wachstumstempo sei nun allerdings geringer, berichtet der Geschäftsführer für Finanzen: „Das geht nicht so weiter wie im vergangenen Jahr.“ Fünf Akquisitionen seien nicht jedes Jahr möglich, zum einen wegen der Finanzen, zum anderen müssten die Zukäufe integriert werden. Für die fünf Firmen gab G+D im vergangenen Jahr 101 Mill. Euro aus, ein Teil eines Kaufpreises wird in diesem Jahr fällig. „Wir haben das aus eigenen Mitteln finanziert“, sagt Zattler. „Wegen der hohen Zinsen kam eine neue Fremdfinanzierung nicht in Frage.“ Der relativ hohe Bestand an Liquidität machte es möglich: Die Cash-Position lag Ende 2022 bei 610 Mill. Euro. Ein Jahr später waren es 323 Mill. Euro. Die Nettoverschuldung beziffert Zattler auf 80 Mill. Euro.
Die gute Seite des Mangels
Die Lieferketten haben sich nach den Engpässen der vergangenen Jahre normalisiert. Der Chipmangel hatte für G+D allerdings auch eine gute Seite, wie Zattler hinzufügt: „2022 stoppte der Preisverfall im Smartcard-Geschäft zum ersten Mal.“ Gerade sei G+D sei dabei, sowohl mit den Kunden als auch mit den Lieferanten über Preise zu diskutieren. Für das Software-Geschäft seien die hohen Energiekosten keine Belastung, wohl aber für die energieintensive Produktion von Banknotenpapier in Louisenthal (Bayern) und in Königstein (Sachsen).
G+D hat sich eine neue Struktur gegeben und die sieben Geschäftsdivisionen in drei Segmenten gebündelt: Digital Security, Financial Platforms und Currency Technology. Der Konzernumsatz verteilt sich mit jeweils rund 1 Mrd. Euro gleich auf die drei Sparten. „Es ist wichtig, dass die Geschäftsbereiche ausbalanciert sind“, betont Zattler.
„Ein Pflänzchen“
Zum Segment Currency Technology mit der traditionsreichen Herstellung von Banknoten und von Maschinen zur Produktion von Geldscheinen gehören auch digitale Währungen. „Das ist ein Pflänzchen, in das wir investieren“, berichtet Zattler. „Wir müssen dieses Geschäftsfeld einfach besetzen, denn es gehört zum ureigenen Wesen von G+D.“ Mit der Europäischen Zentralbank sei G+D in Gesprächen, eine erste Ausschreibung der EZB wird für Mai erwartet. „Beim digitalen Euro wollen wir natürlich dabei sein“, sagt Zattler und ergänzt: „Unsere Kunden sind nur die Zentralbanken.“
Im Segment Digital Security erkennt Zattler im Internet der Dinge (IoT) einen riesigen Markt für G+D, unter anderem in der Logistik- und Autobranche. E-SIM-Lösungen des Unternehmens werden zum Beispiel zum Verfolgen von Schiffscontainern eingesetzt. G+D ist zudem der exklusive Lieferant von BMW für ein System zum Tracken, also zum Aufspüren gestohlener Autos.
Börsengang ist kein Thema
Gerade in dem noch jungen IoT-Geschäft sei G+D offen für Partnerschaften, sagt Zattler. „Da kann man sich vieles vorstellen.“ Ein Börsengang kommt für das Unternehmen der Familie Mitschke-Collande offenbar nach wie vor nicht in Frage. „Das ist momentan kein Thema“, beteuert der Finanzchef. Zudem weist er auf die 2017 eingeführte Holdingstruktur hin. „So sind wir auf der Ebene darunter flexibel.“ Als Beispiele nennt er börsennotierte Beteiligungen wie Secunet und Gemeinschaftsunternehmen wie Veridos mit der Bundesdruckerei. G+D ist mit gut 75% der größte Aktionär des IT-Sicherheitsdienstleisters Secunet. Zum Angebot der Veridos GmbH gehören Reisepässe, Personalausweise und Führerscheine sowie Produktionsstätten dafür.
Die sechste Familiengeneration
Die Unternehmerfamilie hat gerade die Übergabe an die sechste Generation vollzogen: Marian von Mitschke-Collande (44) übernahm von seiner Mutter Verena (75) die Position im Aufsichtsrat und als stellvertretender Beiratsvorsitzender. Sein jüngster Bruder Gabriel (39) wechselt vom Agrarhandelskonzern Baywa in die Geschäftsführung von G+D und wird dort vom 1. Mai an als Chief Digital Officer für die digitale Transformation des Geschäfts und des Unternehmens zuständig sein. Für Zattler sind die Veränderungen gleichwohl ein Zeichen von Kontinuität: „Das passt zu einem Unternehmen im Privatbesitz.“
Peter Zattler, Finanzchef von Giesecke+Devrient, geht in den Ruhestand.