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Goldman Sachs ringt mit Exodus von Spitzenpersonal

Ein Exodus von Spitzenpersonal erschwert der Investmentbank Goldman Sachs die angestrebte Strategiewende. Nun versucht das Geldhaus mit einer Rückholaktion gegenzusteuern.

Goldman Sachs ringt mit Exodus von Spitzenpersonal

Goldman Sachs ringt inmitten von Strategiewende
mit Exodus von Spitzenpersonal

xaw New York

Der Exodus von Spitzenpersonal bei der US-Investmentbank Goldman Sachs beschleunigt sich. So verlässt der leitende Rohstoffanalyst Jeff Currie gemäß einer zum Wochenstart versandten Mitteilung an Mitarbeiter das Geldhaus. Der für seine bullishen Prognosen bekannte Ökonom war seit 1996 für Goldman tätig und stieg 2008 zum Partner auf – langjährige Geschäftskontakte bezeichnen ihn als schwer ersetzlich.

Curries Expertise gilt als wichtiger Faktor für den Ausbau der Kundenbeziehungen der Investmentbank. Der 56-Jährige prägte im Jahr 2004 die These von der “Rache der alten Ökonomie”: Damals sagte er voraus, dass ein jahrzehntelanger Mangel an Investitionen in den Rohstoffsektor in Kombination mit dem chinesischen Wirtschaftsboom zu rapiden Preisanstiegen führen würde. Es folgte eine Rally am Ölmarkt, in deren Zuge die Notierung der führenden Nordseesorte Brent Crude kurz vor der Finanzkrise 2008 auf ein Rekordhoch von 147 Dollar pro Barrel kletterte.

Schwierige Aufgabe

Die Rohstoff-Abteilung von Goldman Sachs, die das Geldhaus 1981 durch die Übernahme des Brokers J. Aron entscheidend ausbaute, stellt heute einen der bestimmenden Trading-Desks an der Wall Street. Anfang des Jahrtausends begannen Alumni von J. Aron, die höheren Managementebenen der Bank zu dominieren, der ehemalige Gold-Vertriebler Lloyd Blankfein stieg 2006 zum CEO auf. Die Ära endete 2018, als der Dealmaker David Solomon den Vorstandsvorsitz übernahm. Der Goldman-Chef muss das Geldhaus nach enttäuschenden Resultaten und einem verlustreichen Ausflug ins Privatkundengeschäft neu aufstellen – die namhaften Abgänge der vergangenen Monate drohen, ihm diese Aufgabe zu erschweren.

Bereits im Februar zog der Abschied von Mike Koester, dem Co-Präsidenten für Alternative Investments, Unruhe nach sich. Der Manager plante nach 25 Jahren bei der Bank den Start eines eigenen Angebots in den Private Markets. Der Abgang gilt auch deshalb als schmerzhaft, weil Goldman Alternatives als entscheidende Treiber für Mittelzuflüsse in die hauseigenen Investmentplattformen sieht. Ende Juli sorgte dann der Wechsel von Julian Salisbury zur Investmentgesellschaft Sixth Street Partners für Aufsehen. Der Brite nahm als Chief Investment Officer der Asset- und Wealth-Management-Abteilung von Goldman eine wichtige Rolle in der angestrebten Strategiewende ein.

Gerade die Vermögensverwaltung und Anlageberatung für sehr wohlhabende Kunden haben CEO Solomon und der globale Spartenchef Marc Nachmann als potenziellen Kurstreiber für die Aktie ausgemacht. Das Wealth Management gilt als attraktiv, weil es stabilere Erträge bietet als das Investment Banking. Die traditionell schärfste Rivalin Morgan Stanley hat eine verstärkte Präsenz in dem Geschäftsbereich seit der Finanzkrise 2008 erfolgreich genutzt, um ihr Kurs-Buchwert-Verhältnis anzukurbeln, Goldman hinkt bei der Bewertung noch hinterher.

Einige Beobachter sehen gerade Solomons Reorganisationsbemühungen, in deren Zuge Goldman das Asset- und Wealth Management zusammenlegte und das Consumer Banking auf verschiedene Konzerndivisionen verteilte, als Grund für die Abgänge. Denn die Unsicherheit sei in der Folge gestiegen. Andere Branchenkenner machen die niedrigeren Vergütungen bei Goldman, die vor allem auf die Flaute im Kapitalmarktgeschäft zurückzuführen sei, für den Exodus verantwortlich.

Dass viele der spartenübergreifend renommiertesten Goldman-Manager empfänglicher für Konkurrenzangebote geworden sind, zeigt auch der Ende Mai bekanntgewordene Abgang von Dina Powell McCormick. Die ehemalige US-Regierungsberaterin war als globale Leiterin des Sovereign-Geschäfts für die Verbindungen des Geldhauses zu Staatsfonds verantwortlich. Sie schloss sich der Merchant Bank BDT & MSD an, die von den Ex-Goldman-Bankern Gregg Lemkau und Byron Trott geführt wird. Dort soll sie ihr diplomatisches Geschick und ihre guten Verbindungen in den Nahen Osten nutzen, um Kundenbeziehungen auszubauen.

Krisenmanager kommt zurück

Goldman versucht den prominenten Abgängen nun gegenzusteuern: Mit Russell Horwitz holt das Geldhaus gemäß Berichten vom Dienstag einen erfahrenen Krisenmanager zurück. Dieser hatte die Bank 2020 verlassen und war zuletzt Leiter für globale Angelegenheiten bei der Hedgefonds-Firma Citadel. Nun soll Horwitz als Chief of Staff die Außendarstellung von Goldman steuern und den Einfluss des Geldhauses in Regierungskreisen wahren. Sein Vorgänger in der Rolle, John Rogers, soll unter anderem Schriftführer des Verwaltungsrats bleiben. An der Wall Street wird der Wechsel erstaunt aufgenommen. Denn Horwitz gilt als Vertrauter von Ex-CEO Blankfein – der sich zuletzt kritisch über seinen Nachfolger Solomon geäußert haben soll.

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