Griechischer Tierarzt baut Pfizer um
Von Stefan Paravicini, New YorkAls Albert Bourla im vergangenen Herbst als Nachfolger für den langjährigen Pfizer-Chef Ian Read vorgestellt wurde, deutete zunächst wenig darauf hin, dass der gebürtige Grieche den US-Pharmakonzern von Beginn an gehörig umkrempeln würde. “Wir haben die beste Pipeline, die wir je hatten”, sagte der designierte CEO damals in einem Interview mit einer leichten Verbeugung an seinen Vorgänger. “Es ist meine Verantwortung, die Möglichkeiten zu optimieren, die das Unternehmen hat.” So hört sich ein geordneter Übergang an, mit dem die Kontinuität an der Spitze betont werden soll.Seit der 57-Jährige das Zepter bei Pfizer übernommen hat, steht Kontinuität nicht an erster Stelle. Noch vor der Übergabe der Geschäfte an den neuen CEO vereinbarte Bourla im Dezember ein Joint Venture mit dem Konkurrenten GlaxoSmithKline, in das der Konzern Gesundheitsprodukte wie Zahnpasta der Marke Sensodyne oder das Schmerzmittel Advil eingebracht hat. Ein Spin-off des Gemeinschaftsunternehmens könnte nach Einschätzung von Marktbeobachtern schon bald über die Bühne gehen. Auch mit seiner ersten großen Übernahme ließ sich Bourla nicht lange Zeit und vermeldete im Juni den Zukauf von Array Biopharma für mehr als 11 Mrd. Dollar. Das Biotech-Unternehmen ist auf Krebsmedikamente und Therapien spezialisiert und soll die Marktposition von Pfizer in diesem Segment stärken.Jetzt hat der neue CEO den nächsten großen Deal verkündet. In einem rein aktienbasierten Deal führt Pfizer ihr Geschäft mit patentfreien Medikamenten wie dem Potenzmittel Viagra, dem Cholesterol-Senker Lipitor und dem Angst-Hemmer Xanax mit dem Generikaspezialisten Mylan zusammen. Bourla schafft sich mit dem Deal die wachstumsschwachen und doch profitablen ehemaligen Kassenschlager vom Leib, streicht gestützt auf den üppigen Cash-flow der ehemaligen Blockbuster aber weiter Dividenden der neuen Firma ein. Vor dem Abschluss der Transaktion werden der Pfizer-Sparte Upjohn, die mit Mylan verschmolzen wird, 12 Mrd. Dollar Schulden aufgeladen, mit denen eine Barauszahlung an Pfizer finanziert wird. Die Aktionäre von Pfizer haben mit 57 % an der neuen Firma das Sagen.Die Transaktion mit Mylan, die bis Mitte nächsten Jahres abgeschlossen werden soll, dürfte für Bourla nicht die letzte gewesen sein. Dass der M&A-Appetit von Pfizer groß ist und sich dabei an anderen Zielen als noch vor ein paar Jahren orientiert, hat der neue Konzernchef schon kurz nach seinem Amtsantritt klargemacht. “Bis vor ein paar Jahren war Umsatz jetzt oder in absehbarer Zeit unser Dogma, wenn wir auf Möglichkeiten für die Entwicklung des Geschäfts geblickt haben”, sagte Bourla in einem Interview im Januar. “Im Moment ist das, glaube ich, nicht das, was wir brauchen.” Thessaloniki und New YorkSeine Karriere bei Pfizer startete Bourla 1993 als technischer Direktor der Tiergesundheitssparte in seiner Heimat Griechenland. Hier hat er Veterinärmedizin studiert und an der Aristoteles-Universität in Thessaloniki auch ein Doktorat zum Thema Biotechnologie und Reproduktion erworben. Seine erste Position im Hauptquartier von Pfizer in New York trat der gelernte Tierarzt 2001 an, als er die Verantwortung für das Marketing der Tiergesundheitssparte übernahm. Dieses Geschäft hat Pfizer 2013 unter seinem Vorgänger Ian Read abgestoßen, der zum Jahresende in den Ruhestand gegangen ist.